Wahre Tierrechte (33)
Von Wiglaf DrosteJochen betrat den Konferenzraum, die Tiere und Andreas drängten nach. Das Empfangskomitee war zu viert, und der Anblick der vielen Tiere und der sie begleitenden Menschen war nicht das, was das Geldquartett erwartet oder herbeigesehnt hatte. Einer der vier trat vor, rümpfte die Nase und schnoberte mit gespielter Angewidertheit. Seine Stimme war so scharf, als hätte er sie auf einem Wetzstein abgezogen. »Hier stinkt es!« verkündete er im Ton eines Mannes, der gerade en passant ein Axiom für die Ewigkeit aus dem Ärmel geschüttelt hatte. Jochen erkannte den Mann sofort; zuletzt hatte er ihn, mit einem Mantel bekleidet, am Gatter seines Hofes gesehen. Jetzt trug er einen eher lässigen Anzug und eine selbstgewisse Miene zur Schau, die Jochen schier zum Kochen brachte. »Da ist ja unser Bauerntölpel, der mit den Schafen um die Wette blöken kann«, gab der Bankfredie abschätzig von sich.
»Für Sie immer noch ›Agrarökonom‹!« Das war schwach; Jochens rhetorische Rückhand war nicht die beste, und einen Arroganten wie den hätte er keiner Gans zugemutet. Aber der andere kannte Jochens wunden Punkt; die Gegenseite – und als solche musste Jochen die Bankleute ganz offensichtlich betrachten – hatte sich gut vorbereitet. Er spürte einen großen, warmen Kopf hinter sich und hörte Melissa flüstern: »Bleib jetzt ganz ruhig. Der wartet nur darauf, dass du austickst. Lass ihn den Fehler machen. Lächle, auch wenn’s schwerfällt.« Widerstrebend nahm Jochen den Rat an und befolgte ihn in stummem Zorn.
Fortsetzung folgt
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