Wahre Tierrechte (37)
Von Wiglaf DrosteNachdem die Musiker mit tätiger und begeisterter Hilfe der Tiere für ein bisschen von dem gesorgt hatten, was in Werbeagenturen und anderen Brutstätten der geschmeidigen Lügen und Euphemismen als »kreative Unordnung« bezeichnet wird, ließ Jochen seinen Blick durch die Räumlichkeit schweifen. Hier war ganze Arbeit geleistet worden, der Raum war auf das Entzückendste verwüstet. Sein Blick fiel auf einen weißhaarigen Mann in einem konservativen schwarzen Anzug, der bisher noch gar nicht ins Geschehen eingegriffen hatte, die Szenerie mit stoischem Ausdruck betrachtete und dabei eher höflich desinteressert als latent enragiert aussah. »Aaah ja«, dachte Jochen. »Der Chef. Schwabedissen.« Selbstverständlich ein Schurke, aber ein konservativer, einer, der den Skandal verabscheute und über Basiswissen verfügte: Der Kundschaft Haus und Hof unter dem Hintern wegziehen war in Ordnung und Tagesgeschäft, nur Formfehler durfte man nicht machen. Immer schön seriös abwarten und niemals aus der Rolle fallen, dann konnte eigentlich nichts passieren. Für die Dummheiten hatte man schließlich seine Leute. Schwabedissen schenkte den drei derangierten Nieten einen Blick, der nichts von seiner Verachtung für diese Flaschen und Möchtegerns sehen ließ. »Gut gecastet«, dachte er trotz des unangenehmen Tumults nicht unzufrieden.
»Ich denke, es gibt einen geeigneteren Ort für unser Gespräch«, sagte er verbindlich zu Jochen. »Ihre« – er zögerte kurz – »Freunde sind selbstverständlich eingeladen«. Er winkte seiner Sekretärin, die konsterniert in der Tür stand und mundoffen auf die Bescherung starrte. »Frau Schmilguhn« – der soignierte Senior-Chef hob leicht seine angenehme Stimme und winkte –, kümmern Sie sich doch bitte um etwas zum Desinfizieren und um Verbandszeug, und dann schauen Sie bitte nach Kaffee, Wasser und einem Imbiss für unsere Gäste, ja? Wir sind im großen Büro.«
Fortsetzung folgt
Die Folge 36 (Donnerstagausgabe) wurde am Freitag irrtümlicherweise als Folge 37 dupliziert, der Autor konnte dafür nichts, wir bitten um Nachsicht
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