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Aus: Ausgabe vom 31.01.2019, Seite 11 / Feuilleton
Droste

Schneemenschen bauen

Von Wiglaf Droste

In der Nacht schneite es so heftig, dass man kein Fenster öffnen oder auch nur auf Kipp stellen konnte; der Schnee wäre sonst ins Haus gewirbelt. Es war nicht das übliche Matschzeug, sondern ein leicht pappiger Pulverschnee, der auch liegenblieb, weil die Temperaturen weit unter null Grad Celsius gefallen waren. Eine knapp halbmeterhohe Schneedecke ist bestens geeignet, Schneemenschen zu bauen. Der Schneemann wird mit Eierkohlenaugen, einer Möhrennase und in der Körpermitte mit einem Bananenglied ausgestattet, wobei mir die großzügigere Variante, ein Salatgurkenpenis, noch weit besser gefällt.

Der Schneefrau bekommt üppige Brüste modelliert, als Brustspitzen taugen, wie auch beim Mann, zwei Tiefkühlhimbeeren. Im Schritt wird eine halbe Feige drapiert; das leuchtet rot und sieht saftig aus, und schließlich ist im Italienischen »Fica« das Wort für Feige wie auch für Vagina. Damit sich die beiden auch küssend verwöhnen können, bekommen sie Münder; das Material dazu liefert eine grüne Melone. Scham-, Achsel- und Brustbehaarung kann man aus Drahtwolle herstellen; die permanente Körperrasur entspringt der menschlichen Dummheit, die sich für ästhetisch hält, obwohl sie den Menschen seiner human-animalischen Düfte und Anziehungskräfte beraubt.

Aufgestellt werden Schneefrau und Schneemann nah beieinander, und mit etwas Glück findet man schon am nächsten Morgen drei kleine Schneekinder vor, »three little Kids for the Flavour«, wie Dean Martin in »Memories are made of this« so schmelzend singt. Und schmelzen müssen die Schneemenschen auch irgendwann, aber sie hatten ein zwar kurzes, aber liebevoll gestaltetes Leben.

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