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Aus: Ausgabe vom 05.03.2019, Seite 11 / Feuilleton
Droste

Hard Rain

Von Wiglaf Droste

Schlachtschiffgrau, pitschnass und bar jeglichen Trostes hängt der Anfangmärzhimmel über der Welt; sprechen wir also über das Wetter. »Das Wetter? – Das ist doch Smalltalk!« protestiert einer, doch sein Einwand ist so leicht zu blocken wie von ihm bloß gebloggt. Geduldig setzt man ihm auseinander, dass das Wetter alles andere ist als ein Talkshowtalkthema, denn anders als die dort herumgammelnden Lemuren spricht es elementar von der Welt. Wenn man statt vom Wetter vom Klimawandel spricht, ist das dagegen unzweifelhaft tadellos wichtig; man kann sich damit ganz hervorragend aufblähen.

Bleiben wir beim Wetter, um das es geht: das jeweils jetzige. Hätte Bob Dylan sonst den Psalm »You don’t need a weather­man to know which way the wind blows« in die Welt gestellt? Und wäre Rio Reiser ihm nicht mit diesen Zeilen gefolgt: »Das wird kein Regen, das wird ein Wolkenbruch, es stimmt eben nicht immer, was der Wettermann sagt«? Hätte der wetterfühlige Peter Hacks, Zeit seines Lebens nicht mit der körperlichen Konstitution eines Zehnkämpfers gestraft, in seinen letzten Lebensjahren andernfalls ausführlich über die »Wetterverhältnisse« korrespondiert – die der Hacks nicht unebenbürtige Dichter Ror Wolf bereits im Jahr 1984 in seinem gleichnamigen Gedicht, das niemals zu oft zitiert werden kann, klassisch gültig beschrieb:

es schneit, dann fällt der regen nieder,

dann schneit es, regnet es und schneit,

dann regnet es die ganze zeit,

es regnet und dann schneit es wieder.

Warum gab Joe Zawinul, einer der ganz großen Jazzmusiker, der von Miles Davis den Ritterschlag bekam, seiner Band den Namen »Weather Report«? Welches Wetter meinte Umberto Eco, als er in seinem historischen Roman »Baudolino« über die Genueser schrieb, sie seien die Leute, die in Konstantinopel »das gute Wetter machen«? Und war da in der Mythologie der Erdbewohner nicht etwas mit einer Sintflut? Und warum ist »Raindrops keep falling on my head« ein soviel berührenderes und beschwingteres Liebeslied als das ganze »Sunshine«-Eis­re­klamen- und Sex-on-the-beach-Genre?

Wer nicht über das Wetter spricht, hat schon verloren, bevor er anfängt. »Alle reden vom Wetter. Wir nicht«, lautete die Werbeparole sowohl der Deutschen Bahn als auch des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS); beide gingen entsprechend kläglich zugrunde. Es bleibt die goetheanische Faustregel: Mephisto, sprich vom bösen Wetter / Sonst bohrst du Sonnenbankiersbretter.

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