Hintergrund: Einflusspolitik der Clans
Von Sofian Philip NaceurAlgeriens Machtapparat gilt als hochgradig fragmentiert. Die hinter dem zurückgetretenen Präsidenten Abdelaziz Bouteflika stehende Fraktion setzt sich unter anderem aus mehreren politischen Parteien, privaten Geschäftseliten, der Führungsriege des staatlich kontrollierten Gewerkschaftsdachverbandes UGTA sowie Teilen des Sicherheitsapparates und Medienmogulen zusammen.
Die stärkste mit Bouteflika rivalisierende Fraktion innerhalb der herrschenden Klasse war lange ein hinter dem langjährigen Chef des algerischen Geheimdienstes DRS, Mohammed »Toufik« Mediène, stehender Clan. Doch der DRS wurde 2015 per Präsidialdekret überraschend aufgelöst, in DSS umbenannt und dem Präsidentenpalast unterstellt. Algeriens frühere »graue Eminenz« wurde in den vorzeitigen Ruhestand geschickt. Seither konnte Bouteflikas Clique augenscheinlich unangefochten ihren politischen und wirtschaftlichen Einfluss ausbauen und die Erlöse aus dem lukrativen Export von Erdöl und Erdgas monopolisieren. Unklar blieb jedoch, ob Toufik wirklich seinen Einfluss im Geheimdienst- und Sicherheitsapparat komplett verloren hat oder nicht.
Auch Toufik ist mit politischen Parteien und privatwirtschaftlichen Eliten verbandelt. Doch seine Hausmacht war der Geheimdienstapparat, den er von 1990 bis 2015 straff geführt hatte. Erst letzte Woche veröffentlichte er eine Stellungnahme, in der er dementiert, in den letzten Wochen mit einflussreichen Politikern und Vertretern des Sicherheitsapparates über Algeriens politische Zukunft verhandelt zu haben. In Gestalt des pensionierten Generals und ehemaligen Toufik-Vertrauten Ali Ghediri hatte sein Clan jedoch schon zu Jahresbeginn klargemacht, dass er weiter politische Ambitionen verfolgt. Ghediri wollte eigentlich bei der im April geplanten Präsidentschaftswahl kandidieren und gegen Bouteflika antreten.
Mit Ghediri wäre es erstmals zu einem direkten Kräftemessen beider Clans im Rahmen von Präsidentschaftswahlen gekommen. (spn)
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