Kein Tag ohne Linie
Im Gespräch mit dem Magazin der Süddeutschen Zeitung (Freitagausgabe) zählte der Zeichner Hans Traxler auf, was er nach dem Krieg in Regensburg von seinem ersten Lehrmeister, dem Professor Max Geyer, außer »Zentralperspektive, Farbenlehre, Kompositionslehre, Faltenwurf« und Anatomie gelernt hat: »Dass ein Zeichner, der es ernst meint, jeden Tag zeichnen sollte. Auch an schlechten Tagen, gerade dann. ›Nulla dies sine linea!‹, ›kein Tag ohne Linie‹. Und dass ein Zeichner zwei Dinge braucht: ›Talent und einen Arsch aus Bronze‹. (…) Dass man begreifen muss, wie Dinge funktionieren: ein Baum, ein Haus, ein laufendes Pferd. Dass zeichnen auch weglassen heißt. Dass es besser ist, eine verhauene Zeichnung auf einem neuen Blatt neu zu beginnen. (…) Dass nur Stümper Radiergummis benutzen.« Mit diesem Rüstzeug wurde Traxler nach einem schlimmen Arbeitsjahr beim Karikaturendienst »Fortuna« des späteren Pardon-Verlegers Hans A. Nikel – »jeden Tag fünf bis zehn Witze«, zumeist »unterste Schublade«, »Ich schäme mich bis heute dafür« – an der Frankfurter Städelschule im Fach Malerei schnell zum Meisterschüler. Die Jahre bei Pardon und der 1979 von ihm mitgegründeten Titanic hat er als solch »vollkommene Freiheit« in Erinnerung, die es »in der deutschen Presselandschaft nirgendwo sonst gegeben hat«. Sein Bestseller ist nicht »Birne. Das Buch zum Kanzler« (1983), sondern die Märchenforschungsparodie »Die Wahrheit über Hänsel und Gretel« (1963). Am 21. Mai wird Traxler 90. Fünf Tage später eröffnet das Frankfurter Caricatura-Museum eine Werkschau. (jW)
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