Ablenkung mit Säule
Der Historiker Jürgen Zimmerer hat angesichts der Rückgabe der Kreuzsäule von Cape Cross an Namibia eine umfassende öffentliche Debatte über Kolonialobjekte in Deutschland gefordert. »Die Rückgabe ist eine gute Sache«, sagte der Kolonialismusexperte am Freitag der dpa. Gleichzeitig schränkte der Hamburger Professor ein: »Hier wird von den Defiziten der tatsächlichen Aufarbeitung abgelenkt.« Zimmerer erinnerte an den Völkermord durch die deutsche Kolonialmacht im heutigen Namibia: »Deutschland und Namibia verhandeln seit Jahren über die Anerkennung des Genozids an den Herero und Nama, ohne dass es hier einen Erfolg gibt.«
Das Kuratorium des Museums hatte am Donnerstag einem Vorschlag von Museumspräsident Raphael Gross zugestimmt, die Säule an Namibia zurückzugeben. Die 1,1 Tonnen schwere Säule aus Kalkstein war 1486 vom portugiesischen Seefahrer Diogo Cão als Landmarke mit portugiesischer und lateinischer Inschrift am Küstenstreifen errichtet worden. 1884 kolonisierte das Deutsche Reich das Land als Deutsch-Südwestafrika. Die stark verwitterte Wappensäule wurde 1893 entdeckt und nach Wilhelmshaven gebracht, von wo sie über Kiel nach Berlin gelangte.
Zimmerer forderte offene Diskussionen um koloniale Vergangenheit: »Wir brauchen eine breite Debatte in Deutschland, wie wir uns dazu stellen, dass unsere Museen voller gestohlener Objekte sind. Wie wollen wir als Gesellschaft mit dem kolonialen Erbe umgehen?« (dpa/jW)
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