Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
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Aus: Ausgabe vom 01.06.2019, Seite 3 / Schwerpunkt

Hintergrund: Falsche »Erinnerung«

Boykottkampagnen haben einen festen und grundsätzlich respektierten Platz in der jüngeren Geschichte. Der Ablehnung britischer Waren durch die indische Unabhängigkeitsbewegung zum Beispiel gilt, zumindest rein theoretisch, als Beispiel von gewaltfreiem Widerstand. Maßnahmen wie »Boycott, Divestment and Sanctions«, kurz BDS, gegen das weiße Rassistenregime Südafrikas fanden vor einigen Jahrzehnten breite internationale Unterstützung.

Trotzdem »erinnern« sich deutsche Politiker angeblich nicht an diese Vorbilder, sondern ausschließlich an die judenfeindlichen Aktionen der Nazis – wenn es um die Verurteilung und Bekämpfung von BDS-Aufrufen gegen Israel geht. Das stellt indessen eine schwerwiegende Verharmlosung der deutschen Faschisten dar, weil deren Aktivitäten nicht Ausdruck einer politischen Bewegung waren, sondern organisierter Terror einer Partei, die die Staatsmacht innehatte.

Die Aktionen, an die in diesem Zusammenhang am meisten gedacht wird, fanden vom 1. bis 3. April 1933 statt. Zum Verständnis des Hintergrunds: Adolf Hitler war am 30. Januar zum Kanzler ernannt worden. In einem Klima gewaltsamer Einschüchterung und Einschränkung politischer Rechte wurden Neuwahlen vorbereitet, die am 5. März stattfinden sollten. Wenige Tage vorher, am 27. Februar, brannte der Reichstag. Es folgten »Notverordnungen«, die die Rechtsstaatlichkeit weitgehend aufhoben, und Massenverhaftungen oppositioneller Politiker und Funktionäre vor allem von KPD und SPD. Am 22. März wurden die ersten politischen Gefangenen in das neu errichtete KZ Dachau verschleppt.

Neben den Einzelhandelsgeschäften in jüdischem Besitz waren von der Boykottaktion Anfang April 1933 hauptsächlich jüdische Juristen, Mediziner, Lehrer, Professoren und Wissenschaftler im öffentlichen Dienst betroffen. Am 7. April 1933 verschafften sich die Nazis mit dem rassistischen »Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums« die Grundlage zur Entlassung aller »nicht arischen« Beamten. (km)

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