Hintergrund: Kubas neues Wahlgesetz
Von Volker HermsdorfDas kubanische Parlament hat am Sonnabend ein neues Wahlgesetz und weitere Rechtsvorschriften verabschiedet, die sich aus den Bestimmungen der seit April geltenden neuen Verfassung ergeben. Das Wahlgesetz, das die Neuwahl des Staatsrates einschließlich der Wahl des Präsidenten und eines Premierministers regelt, trat unmittelbar nach der Abstimmung in Kraft. Wie dort vorgesehen, wählten die Abgeordneten im Anschluss den Nationalen Wahlrat (Consejo Electoral Nacional, CEN). Der CEN ist ein in Artikel 211 der Verfassung vorgesehenes neues Staatsorgan, zu dessen Hauptaufgaben es gehört, Wahlen, Volksbefragungen und Referenden zu organisieren. Das Durchschnittsalter des 21köpfigen Gremiums, das zu 75 Prozent aus Frauen besteht, beträgt 53 Jahre.
Zu den wesentlichen Neuerungen der Verfassung, deren Umsetzung im neuen Wahlgesetz geregelt wird, gehört die Aufteilung der politischen Macht zwischen dem Staatsoberhaupt (Präsident) und einem Regierungschef (Premierminister) sowie die Begrenzung der Amtszeit auf zweimal fünf Jahre für politische Führungspositionen. Laut Gesetz müssen die Abgeordneten der Nationalversammlung jetzt innerhalb der nächsten drei Monate den Präsidenten der Republik und dessen Stellvertreter wählen. Das neue Staatsoberhaupt ist dann verpflichtet, dem Parlament vor Ablauf von weiteren drei Monaten einen Vorschlag für die neue Regierung zu präsentieren, die wie der Premierminister und die übrigen Mitglieder des Ministerrats von der Volksvertretung gewählt wird. Inoffiziellen Meldungen zufolge ist die Wahl des neuen Präsidenten für Oktober und die des Premierministers zum Jahresende geplant. Zu Beginn des Jahres 2020 steht dann die Wahl der in den Gemeinden vorgeschlagenen Gouverneure und Oberbürgermeister der Provinzen durch die Gemeindeparlamente an. Auch diese in der Verfassung vorgesehenen Positionen werden neu geschaffen. Nach dem Wahlgesetz soll die Nationalversammlung, die mit 612 Abgeordneten eines der zahlenmäßig größten Parlamente der Welt ist, zudem künftig auf 474 Abgeordnete verkleinert werden. Der Staatsrat wird statt der jetzigen 31 nur noch 21 Mitglieder haben.
Die dritte ordentliche Sitzungsperiode der IX. Legislaturperiode des Parlaments war am Sonnabend früh in Anwesenheit von Präsident Miguel Díaz-Canel und des Ersten Sekretärs der kubanischen KP, Raúl Castro, eröffnet worden. Zuvor hatten die Parlamentarier seit Montag letzter Woche in den zehn ständigen Arbeitsausschüssen über die aktuell zur Abstimmung stehenden juristischen Normen, weitere künftige Gesetzesänderungen und die Daten des Wirtschaftsplans im ersten Halbjahr 2019 diskutiert.
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»Es geht um gleiche Rechte und Chancen für alle«
vom 15.07.2019