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Aus: Ausgabe vom 20.07.2019, Seite 3 / Schwerpunkt

Hintergrund: »Schleichende Indoktrination«

Die Bundeswehr sucht händeringend Nachwuchs. Der muss angeworben werden. Seit 2017 gibt sie dafür jährlich mehr als 35 Millionen Euro aus. Ihr Credo: Je früher, desto besser. Jugendoffiziere geben sich in vielen Schulen die Klinke in die Hand. Truppenplatzbesuche stehen bereits für viele Achtklässler auf dem Programm. Selbst vor Grundschulen macht sie nicht halt, wie das Beispiel Letzlingen zeigt.

Wie die Bundesregierung im Mai auf eine kleine Anfrage der Linksfraktion mitgeteilt hatte, erreichte das deutsche Militär allein 2018 mit seinen »Informationsveranstaltungen« fast 300.000 Schüler in staatlichen Bildungseinrichtungen. Insgesamt hielten Jugendoffiziere 3.500 Vorträge vor knapp 87.000 Jugendlichen in Haupt-, Real-, Hoch- und Berufsschulen sowie in Gymnasien. Zudem führte die Bundeswehr dort 740 Seminare vor etwa 24.000 Schutzbefohlenen durch. 150 Schulklassen und knapp 2.300 weitere Kinder- und Jugendgruppen besuchten gemeinsam mit ihren zivilen Betreuern ein Militärgelände. Hinzu kamen Hunderte weitere speziell auf Minderjährige abzielende Werbeveranstaltungen, Karriereberatungen und Großevents.

Nach wie vor nehmen viele Schulleiter und Lehrer derlei Offerten der Bundeswehr gerne an. Nicht selten binden sie die Truppenplatzbesuche und Vorträge in den Schulunterricht ein. In einem solchen Fall sind die Kinder dem Gesetz nach sogar zur Teilnahme verpflichtet.

Die Ideen des Heeres zum Ködern von Jungen und Mädchen sind vielfältig. In Havelberg (Sachsen-Anhalt) lockt es beispielsweise jährlich zu einem »Tag der Schulen«. Dort ist das Panzerpionierbataillon 803 stationiert. In diesem Jahr waren Mitte Juni zu diesem Anlass mehr als 400 Siebt- bis Neuntklässler mit ihren Lehrern in die Kaserne gepilgert, wie die Regionalzeitung Volksstimme berichtete. Das Actionangebot der Truppe für die 13- bis 15jährigen bestand aus Spiel, Sport und Bootstouren, verknüpft mit Panzerprobefahrten und Begutachten von Militärtechnik.

Der Ernst des Krieges spielt bei solchen Veranstaltungen unterdessen so gut wie keine Rolle. Peter Haese von der Bürgerinitiative »Offene Heide« bezeichnete dieses Vorgehen im Gespräch mit junge Welt als »schleichende Indoktrination unter Vortäuschung falscher Tatsachen«. »Ganz besonders perfide ist es, wenn sich Lehrer und Erzieher auf diese Weise zu Gehilfen der Kriegsarmee machen«, kritisierte Haese. (sbo)

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