Big in Japan
»It’s so hard to get old without a cause«, heißt es in »Forever Young« (1984) von der Band Alphaville, und für den Sachverhalt, dass neuerdings alle irgendwelche Podcasts hören, gibt es wohl genausowenig eine Begründung. In dieser Woche hat nun auch Jan Müller, seit mehr als 25 Jahren Bassist der Band Tocotronic, einen Podcast gestartet: »Reflektor«. Ausführliche Gespräche mit Musikern, erste Folge: Marian Gold, Sänger von Alphaville, deren oben genannter Welthit neulich von Beyoncé und Jay-Z gecovert wurde, wie Müller anmerkt (er sagt: »Jay-Zed«). Kernfrage: Wie konnten die drei Jungs von Alphaville bloß zu Weltstars werden? Drei Ostwestfalen in Westberlin, zeitweilig obdachlose Schnorrerpunks (im Welthit »Big in Japan« klingt das an), dann Mitglieder eines Künstlerkollektivs, das alle Einnahmen teilte. »Nicht so, wie heute im Internet geteilt wird«, sagt Gold, »ein totaler Missbrauch des Begriffs.« Keiner habe ein Instrument beherrscht, versichert er. Es sei nur um den Spaß gegangen, nie ums Geld, die ganze Kohle von Alphaville sei bis Mitte der ’90er kollektiviert worden. Ins britische Fernsehen brachte sie ein Missverständnis. Stevie Wonder konnte nicht, sie wurden für irgendeine englische Band auf Platz 48 der Charts gehalten. Als der Irrtum aufflog, sei das ungefähr so aufgenommen worden wie ein Einmarsch der Wehrmacht in London, erinnert sich Gold, der gut in Fahrt kommt, während Müller fast verdruckst wirkt. Ganz angenehm, es machen ja genug Unterhalter auf dicke Hose. Wenn er demnächst mit Annette Benjamin von Hans-A-Plast spricht, kann man gut noch mal reinhören. (xre)
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