Kunstpreis revisited
Nach dem Skandal um den Nelly-Sachs-Preis und die Autorin Kamila Shamsie will nun auch die Stadt Aachen ihren Kunstpreis lieber doch nicht an den libanesisch-US-amerikanischen Künstler Walid Raad verleihen. Der Grund: natürlich dessen Unterstützung der BDS-Kampagne (Boykott, Deinvestitionen und Sanktionen) gegen Israel. Und mangelnde Distanzierung von dieser Unterstützung, wie Oberbürgermeister Marcel Philipp (CDU) am Montag mitteilte. Deshalb bestehen die den Preis vergebende Stadt, ihre Wirtschaft in Gestalt der üblichen Interessenvertreter und der Verein der »Freunde des Ludwig-Forums« darauf, sich ebenfalls auf die Knochen zu blamieren und Raad nun doch nicht zu ehren.
Dessen mehrjähriges Projekt »The Atlas Group« über die gewaltsame Geschichte des Libanon, in der Israel ja übrigens auch eine Rolle spielt, wird damit zwar nicht weniger wichtig, und die alle zwei Jahre vergebene und immerhin mit 10.000 Euro dotierte Auszeichnung hat auch nichts anderes zur Voraussetzung, als dass der Bepreiste der internationalen Kunstszene »wesentliche Impulse« gegeben hat (und möglichst prominent ist, also auch das Ansehen der Rheinländer mehre) – aber was ist schon Kunst gegen die schnöde Politik? Diese hat sich hierzulande bekanntlich darauf verständigt, über Anliegen und Strategie von BDS nicht – wie geboten – vernünftig zu streiten, sondern beides als »eindeutig antisemitisch« (Bundestag, Landtag Nordrhein-Westfalen etc.) einzuordnen und die Angelegenheit damit als erledigt zu betrachten. Deshalb hier ein Rat an die Tausenden Preisjurys dieses Landes: Wenn ihr schon niemanden auszeichnen wollt, der unbotmäßige politische Ansichten vertritt, dann schreibt das doch in eure Kunstgeschäftsbedingungen. Dann weiß man, woran man ist. (jW)
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