Locker durch den Lockdown
Von Peter MergGerade erst hat sich Bob Dylan zurückgemeldet, jetzt ziehen die Rolling Stones nach. Der am Donnerstag überraschend veröffentlichte Coronaklopfer »Living in a Ghost Town« ist die erste Eigenkomposition der Glimmer Twins seit acht Jahren. Im Gegensatz zum Meister mit dem Nobelpreis lassen es die Stones mit ihrem neuen Song aber ruhig angehen: 3 Minuten 45, statt 17, eher simple Sing-along-Single als komplexes Epochenportrait. Wohlwollend könnte man sagen, sie besinnen sich auf ihre Stärken. Es ist alles da: Woohoooho-Chöre, Keith-Richards-Licks aus dem Bluesbaukasten, Mick Jagger spendiert ein knappes Mundharmonikasolo und knödelt, als sei er keinen Tag älter als 65. Ein bisschen rocken darf es auch. Textlich sind sie ganz am Puls der Zeit, wie wir Feuilletonisten gerne sagen: »Life was so beautiful / Then we all got locked down / Feel like a ghost / Living in a ghost town« heißt es da und »Please let this be over, not stuck in a world without end, my friend«. Also der Soundtrack für die nächste Hygienedemo mit den Politzombies? I wo, so bierernst meinen es die Hochrisikorocker nicht. Locker durch den Lockdown ist die Devise. Der Song lasse nur »die Zeiten gut mitschwingen, in denen wir derzeit leben«, so Jagger, außerdem habe man schon vor der Pandemie an ihm gearbeitet. In dem Alter lässt man sich eben etwas Zeit. Von der hat man momentan besonders viel, was wohl zu neuen Taten anstachelt. Ein weiteres Album sei eh in der Mache, verriet Richards. Aber wollen wir das wirklich? Die Antwort gibt der Klassiker: »You can’t always get what you want / But if you try sometime / Well, you might find / You get what you need«.
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