»Bye bye, Lübben City«
Der Musiker Jörg »Speiche« Schütze ist tot. Das wurde am Sonntag auf seiner Facebook-Seite mitgeteilt. Er starb im Alter von 73 Jahren. Als Mitbegründer der Bluesrockband Monokel prägte der Bassist ab 1976 die Blueser- bzw. Kundenszene der DDR. Mit langen Haaren, deutschsprachigen Texten und kraftvollen Riffs grenzten sich die Musiker gegen den musikalischen Mainstream ab, was ihnen nicht nur Freunde machte. Bereits im Oktober 1965 – zur Zeit der Vorgängergruppe Diana-Show-Band – zierte die Persiflage eines Fotos von Schütze das Titelbild der Satirezeitschrift Eulenspiegel, »Kamm drüber« hieß die dazugehörige Geschichte. Schütze saß da wegen versuchter Republikflucht vorübergehend im Gefängnis. Auch Monokel wurde von der Kulturpolitik entsprechend beäugt. Immerhin ein Auslandskonzert konnte sie spielen: an der Baustelle der »Druschba«-Trasse in Sibirien.
In einem persönlichen Nachruf eines Freundes auf Schützes Facebook-Seite wird der am 13.10.1946 geborene Musiker als »Integrationsfigur«, »unbeugsame Autorität« und »sanfter Held« der Szene beschrieben. Der Monokel-Song »Bye bye, Lübben City« (1979) gilt als bestes Porträt der langlebigsten DDR-Subkultur. Nach der Konterrevolution geriet die Gruppe in finanzielle Schwierigkeiten, weil der damalige Manager das Konto leergeräumt und sich ins Ausland abgesetzt hatte, die Mitglieder zerstritten sich. Schütze verließ die Band 1996, eröffnete eine Bluesrockkneipe und spielte in verschiedenen Combos. 2018 wurde bekannt, dass er an Krebs erkrankt war. (jW)
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