Arbeitskämpfe in der Pandemie
Kämpfe in Betrieben und Gewerkschaften, auch in Zeiten der Coronaviruspandemie. Dass das (im Einzelfall) möglich ist, haben zuletzt Beschäftigte beim Maschinenbauer Voith in Sonthofen im Oberallgäu mit ihrem fast fünfwöchigen Streik demonstriert.
In einem jüngst erschienenen Sammelband mit dem Titel »Pandemische Zeiten« befassen sich die Autoren unter anderem mit drohenden Massenentlassungen und Werksschließungen, mit Angriffen der Kapitalseite auf die sozialen Rechte der Belegschaften, forciert durch die Coronakrise. Eine organisierte Gegenwehr der betroffenen Arbeiter indes fehlt oft. Dafür sei auch ein »Kurswechsel« der Gewerkschaften notwendig, fordert Angelika Teweleit, eine der Sprecherinnen der »Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften« (VKG), in ihrem Beitrag. Statt Verhandlungen über eine »sozialverträgliche Abwicklung« von Betrieben zu führen, müssten »Abwehrkämpfe zur Verteidigung der Arbeitsplätze« aufgenommen werden. Gegen die über Jahrzehnte eingeübte Tradition der Sozialpartnerschaft versteht sich.
Erfahrungsberichte aus Betrieben und Interviews zu Arbeitskämpfen flankieren die Debattenbeiträge. Etwa das Gespräch, das Mitherausgeber René Arnsburg mit dem Sprecher der Verdi-Vertrauensleute am Amazon-Standort in Bad Hersfeld, Christian Krähling, führte. Einräumen muss Krähling, dass der Konzern mit Jeffrey Bezos an der Spitze einer betrieblichen Organisierung »leider immer ein, zwei Schritte voraus« sei. Das Grundproblem: Verdi müsse gerade bei neuen Standorten zunächst Kollegen finden, die der Gewerkschaft beitreten und sich engagieren. Zuversichtlich ist er trotzdem. Die Einstellung vieler Amazon-Arbeiter gegenüber der Konzernspitze verändere sich, viele würden zusehends begreifen, »dass man denen (den Konzernbossen, Anm. jW) vielleicht doch nicht so wichtig ist«, sagte Krähling.
Interne Kritik gibt es aber auch. Laut äußert die zum Beispiel Danny Albrecht, DGB-Vorsitzender im Landkreis Dahme-Spreewald, speziell gegenüber Verdi im Einzelhandel. »Mehr Mitgliederdemokratie und Abstimmungsrechte« fordert er, denn für erfolgreiche Arbeitskämpfe sei der Basiskontakt entscheidend – gerade jetzt in der Pandemie. Albrecht hat einen simplen Tip für mehr Selbstorganisierung parat: »Runter vom Sofa!« (or)
Sascha Stanicic/René Arnsburg (Hg.): Pandemische Zeiten. Corona, Kapitalismus, Krise und was wir dagegen tun können. Manifest-Verlag, Berlin 2020, 300 Seiten, 14,90 Euro
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