Hintergrund: Sanktionen gegen Libyen angedroht
Deutschland, Frankreich und Italien verschärfen in Sachen Libyen-Krieg ihren Ton. In einer gemeinsamen Erklärung, die sie am Samstag am Rande des EU-Gipfels abgaben, wiederholen die drei Staaten nicht nur ihre Forderung, die Kämpfe in dem nordafrikanischen Land einzustellen und »das vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen verhängte Waffenembargo uneingeschränkt einzuhalten«. Dies hatten sie bereits am 25. Juni in einer ebenfalls gemeinsam verabschiedeten Stellungnahme verlangt, freilich ohne damit Wirkung zu erzielen. In der neuen Erklärung heißt es nun aber darüber hinaus, man denke inzwischen ernsthaft über wirtschaftliche Zwangsmaßnahmen nach: »Wir sind bereit, eine mögliche Verhängung von Sanktionen in Betracht zu ziehen, sollten Verstöße gegen das Embargo zur See, an Land oder in der Luft anhalten«, teilen die deutsche Kanzlerin, der französische Staatspräsident und der italienische Premierminister mit. Besonders Frankreich setzt sich dafür ein, die Waffenlieferungen der Türkei an die »Einheitsregierung« in Tripolis zu unterbinden, um so mehr seit es kürzlich fast zu einer Konfrontation zwischen türkischen und französischen Kriegsschiffen im Mittelmeer gekommen war.
Unklar ist, ob es tatsächlich zu Sanktionen kommen wird: Deutschland bemüht sich konsequent, den Konflikt mit der Türkei zu dämpfen, um den Flüchtlingsabwehrpakt mit Ankara nicht zu gefährden; außerdem ist der zweite bedeutende Waffenlieferant im Libyen-Krieg, die Vereinigten Arabischen Emirate, einer der bedeutendsten Kunden deutscher Rüstungsunternehmen sowie der größte Absatzmarkt der deutschen Industrie im Mittleren Osten. Unabhängig davon wirft die Tatsache, dass Angela Merkel, Emmanuel Macron und Giuseppe Conte sich als außenpolitisches Direktorium betätigten und einen für alle Mitgliedstaaten womöglich folgenreichen Beschluss verkündeten, ohne die übrigen Mitglieder einzubeziehen, ein bezeichnendes Licht auf die Machtverhältnisse. (jk)
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