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Aus: Ausgabe vom 26.08.2020, Seite 11 / Feuilleton

Ein Feigenblatt

Als eines der ersten großen Filmfestivals will die Berlinale Schauspieler nicht mehr getrennt nach Geschlecht auszeichnen. Bisher wurden im Wettbewerb die »beste Darstellerin« und der »beste Darsteller« geehrt. In Zukunft sollen Silberne Bären für die beste Leistung in einer Haupt- und einer Nebenrolle vergeben werden. »Die Auszeichnungen im Schauspielfach nicht mehr nach Geschlechtern zu trennen ist ein Signal für ein gendergerechteres Bewusstsein in der Filmbranche«, erklärten die Festivalleiter Mariette Rissenbeek und Carlo Chatrian. Erste Kritik kam vom Gleichstellungsbündnis »Pro Quote Film«. Es handle sich um ein »Feigenblatt für Innovation«, erklärte die Vorsitzende Barbara Rohm am Dienstag. Die Berlinale sei von Gendergerechtigkeit weit entfernt. Im Wettbewerb des Festivals liefen deutlich mehr Filme von Männern als von Frauen. In der Filmbranche allgemein seien etwa zwei Drittel der Rollen für Männer geschrieben, das gelte auch für Arthouse-Filme. Mit der Entscheidung der Berlinale seien Schauspielerinnen vor diesem Hintergrund nur einem verschärften Konkurrenzkampf ausgesetzt. Rohm: »Echte Innovation schafft Raum und Sichtbarkeit für Vielfalt und bringt sie nicht noch mehr in Konkurrenz zueinander. Wa­rum wird nicht ein Preis für gendersensible Darstellung hinzugefügt?« Die nächste Ausgabe des Festivals soll vom 11. bis 21. Februar 2021 stattfinden. Der Alfred-Bauer-Preis für innovatives Kino soll ersatzlos gestrichen werden. Im vergangenen Februar waren Details über die Karriere des ersten Festivalchefs Alfred Bauer im Hitlerfaschismus bekanntgeworden. Im Spätsommer werde dazu eine fachwissenschaftliche Untersuchung veröffentlicht, teilten die Festivalchefs in Berlin mit. (dpa/jW)

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