Falsch abgebogen
Der Dresdener Schriftsteller Ingo Schulze hat ein ambivalentes Verhältnis zum Anschluss der DDR an die BRD. Der 3. Oktober sei kein Tag der Vereinigung, sondern nur ein Tag des Beitritts, sagte er der Stuttgarter Zeitung und den Stuttgarter Nachrichten (Freitag). Die Ostdeutschen hätten es nicht fertiggebracht, ihre Probleme erst einmal untereinander zu lösen, um dann mit einem gewissen Selbstbewusstsein in einen Vereinigungsprozess einzutreten, aus dem wirklich etwas Neues hätte entstehen können, sagte Schulze. »Viele Probleme, die in der alten BRD auch schon in Frage standen, wurden damit einfach übernommen.« Als Beispiele nannte er die Art und Schnelligkeit der Währungsunion oder den Zwang zur Privatisierung etwa des Gesundheitswesens oder von Grund und Boden. »Wenn man von heute aus zurückblickt, muss man sagen: Wir haben die Chance, die 1989 bot, nicht gut genutzt.« Es sei höchste Zeit, nicht immer nur die ehemalige DDR zu problematisieren, sondern auch die ehemalige BRD, sagte Schulze: »Was war da gut? Was war da furchtbar? Wo sind wir aus heutiger Sicht falsch abgebogen?« (dpa/jW)
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