Rossana Rossanda gestorben
Die italienische Publizistin Rossana Rossanda ist tot. Sie starb Samstag nacht im Alter von 96 Jahren. Das berichtete die linke Tageszeitung Il manifesto, welche von Rossanda mitbegründet und geprägt wurde. 1924 in eine liberale bürgerliche Familie in Pola (Istrien) geboren, studierte Rossanda in Mailand Kunstgeschichte und Philosophie, bevor sie sich 1943 der antifaschistischen Resistenza anschloss und für diese Kuriertätigkeiten übernahm. In den 50er und 60er Jahren wurde sie eines der bekanntesten Gesichter der Kommunistischen Partei (PCI). Als sie deren Reformismus immer härter kritisierte und Sympathien für die Studentenbewegung zeigte, wurde sie 1968 aus der Partei ausgeschlossen. Im Jahr darauf gründete sie mit anderen Dissidenten wie Luigi Pintor und Valentino Parlato die kommunistische Tageszeitung Il manifesto. Diese wurde zum Sprachrohr für Strömungen links der Partei und zeitweise die wichtigste Zeitung der linken Opposition und übte immer auch Kritik an autoritären Tendenzen in der PCI und den sozialistischen Staaten. Rossanda zählte mit ihren scharfen Polemiken zu den profiliertesten Autorinnen des Blattes und wurde zu einer der wichtigsten Intellektuellen Italiens, deren politische Analysen und stupende kulturelle Bildung – sie übersetzte etwa Heinrich von Kleist und Thomas Mann – bis weit ins bürgerliche Lager Anerkennung fand. 2012 trennte sie sich im Streit vom Blatt, das da schon viel der Schärfe seines politischen Profils eingebüßt hatte. Die Krise der italienischen Linken seit dem Zerfall der PCI und dem Untergang der sozialistischen Staatenwelt war längst zu der ihren geworden. Auch Rossanda begrüßte 2011 den Krieg gegen Libyen. (jW)
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