Neu erschienen:»Union Busting« gegen Betriebsräte
Beschäftigtenvertreter kennen das: Unternehmer und Management gehen teils aggressiv gegen diejenigen vor, die betriebliche Mitbestimmung realisieren wollen, be- oder verhindern Betriebsratsgründungen und ziehen gegen aktive Gewerkschafter juristisch zu Felde.
Am vergangenen Freitag stellte die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung eine von ihr geförderte neue Studie vor: »Kampf um Mitbestimmung – Antworten auf ›Union Busting‹ und die Behinderung von Betriebsräten«. Die Autoren führen darin 28 Fallbeispiele aus Unternehmen auf.
Der Studie zufolge reichen die Schikanen mitbestimmungsfeindlicher Unternehmer von gezielter Informationszurückhaltung bis hin zu Kündigungen und Standortschließungen. Angriffe auf die Mitbestimmung gebe es nicht nur in Dienstleistungsbranchen mit prekären Arbeitsverhältnissen, sondern auch in der Industrie, schreiben die Wissenschaftler. Betroffen seien Beschäftigte sowohl kleinerer Unternehmen, deren Eigentümer »auf Grundlage einer patriarchalischen Sozialordnung herrschen«, als auch die Lohnabhängigen multinationaler Konzerne. Am wahrscheinlichsten seien aggressive Praktiken dort, wo es keine Tradition der Mitbestimmung gibt. Das gelte etwa für Startups, Betriebe in Regionen mit einer eher schwachen Mitbestimmungskultur oder Niederlassungen ausländischer Unternehmen.
Was motiviert die »Union Buster«? Manche Chefs fänden Mitbestimmung zwar nicht grundsätzlich illegitim, aber bisweilen »nervig« oder »zeitaufwendig«. Ihr Ziel sei es nicht, Betriebsräte generell loszuwerden, es gehe ihnen eher um »ein wenig Sabotage«. Andere gelten als »Hardliner«, die »jedweder Form von eigenständiger, kollektiver Interessenvertretung feindlich gegenüberstehen«. Das Vorgehen werde oft mit Anwaltskanzleien beraten, die auf die Zerschlagung von Betriebsratsstrukturen spezialisiert sind.
Neben der Rückendeckung aus der Belegschaft brauchen Betriebsräte besseren Rechtsschutz. Konkret: Die Autoren fordern, den Kündigungsschutz für Mitglieder des Wahlvorstands eines Betriebsrates auszubauen und Mitbestimmungsbehinderung von einem Antrags- in ein Offizialdelikt umzuwandeln, um so Strafverfolgung auch ohne Anzeige der Betroffenen zu ermöglichen. Darüber hinaus brauche es spezialisierte Staatsanwaltschaften, die Verstöße gegen das Betriebsverfassungsgesetz ahnden. (jW)
Oliver Thünken, Sissy Morgenroth, Markus Hertwig, Alrun Fischer: Kampf um Mitbestimmung – Antworten auf »Union Busting« und die Behinderung von Betriebsräten, transcript, Bielefeld, 2020
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