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Aus: Ausgabe vom 05.11.2020, Seite 11 / Feuilleton
Ethnographie

Römischer Faschismus

»Im Namen der Toten. Eine ethnographische Studie über die faschistische Nachkriegsszene in Rom« – so lautet der Titel der preisgekrönten Dissertation von Lene Faust, die das Frobenius-Institut für kulturanthropologische Forschung an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main ausgezeichnet hat.

Mehr als 14 Monate lang hat Faust in der neofaschistischen Szene in Rom ethnographisch geforscht. Dabei hat sie sich auch auf persönliche Gespräche mit Tätern – und ihren Erben – eingelassen, zeichnet ein Bild von drei Generationen faschistischer Subkultur und davon, wie diese sich an die Zeit des Faschismus, die Gründung der Italienischen Sozialrepublik 1943 und den sich anschließenden blutigen Bürgerkrieg erinnern.

Laut Mitteilung der Universität vom Mittwoch arbeitet Faust sorgfältig heraus, was es heißt, Faschist zu sein, indem sie den Alltag, die familiären und politischen Netzwerke sowie die rituellen Praktiken ihrer Gesprächspartner und -partnerinnen untersucht. So reduziere Faust den Nachkriegsfaschismus weder auf das Erbe eines totalitären Systems noch auf einen politischen Kult; vielmehr trete er als eine netzwerkartige Subkultur hervor, die religiöse Elemente enthält und in der Politik, Ritual und Familie kaum voneinander zu trennen seien. (jW)