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Aus: Ausgabe vom 20.11.2020, Seite 11 / Feuilleton
Yad Vashem

»Moralisch disqualifiziert«

Die geplante Ernennung eines ultrarechten ehemaligen israelischen Politikers zum neuen Vorsitzenden der Holocaustgedenkstätte Yad Vashem hat international Proteste ausgelöst. Bislang hätten 750 Wissenschaftler sowie Mitarbeiter jüdischer Museen und Gedenkstätten einen Protestbrief unterzeichnet, teilte einer der Initiatoren, Hanno Loewy, Direktor des jüdischen Museums Hohenems in Österreich, am Mittwoch mit. Auch Holocaustüberlebende hatten die geplante Ernennung von Ephraim Eitam kritisiert, sie halten ihn für »moralisch disqualifiziert«. Ein Sprecher von Yad Vashem wollte sich zu der Ernennung nicht äußern.

Der bisherige Vorsitzende von Yad Vashem, Avner Schalev (82), geht zum Jahresende in den Ruhestand. Nach Medienberichten unterstützt der für die Nominierung des Nachfolgers zuständige Minister Zeev Elkin (Likud) die Kandidatur Eitams. Der 68jährige Eitam hatte in der Vergangenheit die Vertreibung der meisten Palästinenser aus dem Westjordanland und die Entfernung israelischer Araber aus dem Parlament in Jerusalem gefordert, verglich zudem israelisch-arabische Staatsbürger mit einem Krebsgeschwür. Er gilt als glühender Unterstützer der israelischen Siedlungsbewegung in den besetzten Gebieten. Während des ersten Palästinenseraufstands Intifada (1987– 1993) war Eitam Kommandeur einer israelischen Kampfeinheit. Vier seiner Untergebenen wurden damals verurteilt, weil sie einen palästinensischen Gefangenen getötet hatten. Eitam selbst wurde nicht verurteilt, der Mord überschattete jedoch seine spätere politische Karriere in diversen nationalreligiösen Parteien. Unter dem damaligen Ministerpräsidenten Ariel Sharon brachte er es dennoch zum Minister.

Yad Vashem (»Denkmal und Name«) in Jerusalem ist die größte Holocaustgedenkstätte der Welt. In dem Protestbrief heißt es unter anderem, Yad Vashem wolle nicht nur an den Holocaust erinnern, sondern auch Antisemitismus, Rassismus und Ausgrenzung in der Gesellschaft insgesamt bekämpfen. Diese wichtige Aufgabe drohe nun »einem unverhohlen rechtsextremistischen und historisch ungebildeten Politiker« in die Hand gegeben zu werden. In einem Brief an Israels Präsidenten Reuven Rivlin schrieb der polnische Historiker und Holocaustüberlebende Marian Turski, Eitams Ernennung würde »Yad Vashems Autorität untergraben«. Die Vorsitzende des Dachverbandes der Organisationen für Schoahüberlebende in Israel, Colette Avital, erklärte: »Yad Vashem ist die Verkörperung einer Institution, die im Namen von Minderheiten spricht. Es ist wirklich sehr schwer, Äußerungen wie die seinen zu akzeptieren.« (dpa/jW)

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