Kundschafter gestorben
Als einer der erfolgreichsten Kundschafter der DDR hatte Dieter Popp seinen Anteil am Erfolg der wichtigsten Abrüstungsverhandlungen des Kalten Krieges (MBFR und SALT II) sowie am glücklichen Verlauf der KSZE-Konferenzen, bei denen auf Initiative der Staaten des Warschauer Vertrags ab 1973 der Frieden in Europa gesichert werden konnte. Nicht zuletzt, weil die sozialistischen Verhandlungsführer wussten, »wo von seiten der NATO falsch gespielt wurde, wo ehrliche Absichten vorlagen« – Popp sei auf diesen Beitrag zur Friedenssicherung »immer besonders stolz« gewesen, erklärte die Gruppe »Kundschafter des Friedens fordern Recht«, die Popp in den 90er Jahren mitgegründet hatte, aus traurigem Anlass.
Seit 1969 lebte Popp in Bonn, führte dort fast zwei Jahrzehnte lang eine Spitzenquelle im Planungsstab des Bonner Verteidigungsministeriums, Egon Streffer (im August 1989 nach einem Herzinfarkt verstorben). Dank dieser beiden Männer waren DDR und somit auch die Sowjetunion über Planungen der Bundeswehr und Rüstungsvorhaben der NATO gut informiert. Während die Westspione nach 1990 geehrt wurden, kamen die Kollegen aus dem Osten vor die Gerichte des Klassenfeindes. 400 Anklagen wurden erhoben, 250 Freiheitsstrafen verhängt – insgesamt saßen die Kundschafter mehr als 170 Jahre hinter Gittern.
Popp wurde 1991 vom Oberlandesgericht Düsseldorf zu sechs Jahren Haft verurteilt, blieb seinen Überzeugungen auch nach der Entlassung treu, engagierte sich in VVN und PDS. Außerdem gründete er mit anderen DDR-Kundschaftern die erwähnte Gruppe. Am Freitag ist er im Alter von 82 Jahren nach kurzer Krankheit in einem Krankenhaus in Bonn gestorben. (jW)
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