Aus: Ausgabe vom 29.04.2021, Seite 2 / Inland
Laschet will Merz im Wahlkampfteam
Stuttgart. CDU-Vorsitzender Armin Laschet möchte seinen ehemaligen internen Widersacher Friedrich Merz in seinem Wahlkampfteam haben. Dieser gehöre für ihn fest in den Mannschaftskader der Union für die Bundestagswahl, gab Laschet am Dienstag abend laut Deutscher Presseagentur in einer Videoschaltkonferenz mit Vertretern der Südwest-CDU bekannt. Er sprach Friedrich Merz demnach Finanz- und Wirtschaftskompetenz zu. Der CDU-Landesverband Baden-Württemberg hatte bei Auseinandersetzungen in der Vergangenheit sowohl um den CDU-Bundesvorsitz als auch um die Kanzlerkandidatur für die Union mehrheitlich die Konkurrenten von Armin Laschet favorisiert. (dpa/jW)
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Und dann noch Merz für »Finanz- und Wirtschaftskompetenz«? Soweit »Finanzkompetenz« für die mafiaähnliche Union möglichst viel Korruption und Vertuschung bedeutet, kämen außer dem Blackrok-Lobbyisten etwa seitens der CSU auch Georg Nüßlein, Alfred Sauter, Tobias Zech oder Peter Gauweiler in Frage, seitens der CDU etwa Nikolas Löbel, Mark Hauptmann oder Axel Fischer. Helmut Kohl nahm seine Heimlichtuerei per »Ehrenwort« ja bereits mit ins Grab. Sollten in der Union bis zur Wahl noch zwei, drei Dutzend weitere korrupte Hinterbänkler auffallen, wäre Laschets Auswahl solcher »Finanzkompetenz« gar noch größer.
Und »Wirtschaftskompetenz« bei Merz? Peter Bofinger nahm ja gnädig an, Merz habe in Volkswirtschaftslehre bei der »Liquiditätsfalle« gar nicht unbedingt geschlafen (wie seinerzeit am Gymnasium): Vielleicht habe sein Professor »es in der Vorlesung nicht richtig erklärt«. Mit der Bierdeckelsteuer hatte sich Merz ja auch schon leicht verrechnet. Und wenn er unbescholtene Rentner mit Aktien oder ähnlichen zoten abspeisen will, hat er offenbar auch die norwegischen Staatsfonds nicht verstanden: Die kann sich Norwegen als Ölexporteur leisten, bindet sie aber auch an ökologische und soziale Standards, von denen Merz nicht einmal wüsste, was das ist, und mutet drittens auch keinem norwegischen Bürger individualisiertes Risiko zu!
Markus Söder sagte neulich, Laschet und er seien nicht Kohl und Strauß. Mich erinnert Laschet fatal an Kohl, der hinter sorgfältig kultiviertem Image als bieder-gutmütiger Dorfdepp verdammt brutale Machtallüren versteckte. Laschet ist katholisch wie Kohl, leisetreterisch wie Kohl, heuchlerisch wie Kohl, mafiös wie Kohl. In NRW schreckte er nicht davor zurück, die FDP mit knapper Zufallsmehrheit ins Kabinett zu holen, die dann als angebliche »Bürgerrechtspartei« weder Laschets willkürliches Polizeigesetz noch sein repressives Versammlungsgesetz zu Fall brachte und das wohl auch gar nicht wollte. Die Windkraft will Laschet mit Abstandsgeboten nach bayrischem Muster aufhalten, als ob es im Braunkohlebergbau jemals respektierte Abstände zu Dörfern gegeben hätte, die gnadenlos evakuiert wurden und werden. Und für die Räumung von Baumhäusern im Hambacher Forst gab Laschet zu, mit formalen Brandschutzgründen eine faule Ausrede gesucht zu haben. Vom BVerfG-Urteil zum Lebensrecht auch jüngerer und künftiger Generationen hat Laschet vermutlich noch nicht gehört, geschweige denn, dass er ihn verstanden hat.
Die Bahnstrecken Hagen–Warburg, Köln–Gerolstein, Gronau–Dortmund, Gronau–Münster und Köln–Gummersbach–Hagen sind noch immer nicht elektrifiziert. Vielleicht erst Hausaufgaben machen? (Doch das lag zum Beispiel einem Merz schon als Schüler nicht.)
Oder will Laschet undercover Rezos »Zerstörung der CDU« zum erfolgreichen Ende führen? Doch noch immer droht nach Umfragen jeder fünfte CDU/CSU zu wählen! Das ist viel zuviel! Ziel wäre, die Union fiele 2021 im Bund und 2022 in NRW durch, so dass Laschet endlich in Pension gehen könnte. Sollte er also daran arbeiten, wofür die Merz-Wahl spräche: Glück auf!
Wer bestimmt eigentlich Ministerpersonalien in Koalitionen? 1961 versuchte die FDP sogar einmal, eine neuerliche Kanzlerschaft Konrad Adenauers im Fall einer »schwarzgelben« Koalition auszuschließen. Möge Kanzlerin Baerbock Herrn Laschet höflich, aber bestimmt klarmachen, dass es keinen Minister Merz gibt – und dann, im Gegensatz zur FDP 1961, nicht wortbrüchig werden.