75 Ausgaben junge Welt für 75 €
Gegründet 1947 Sa. / So., 23. / 24. November 2024, Nr. 274
Die junge Welt wird von 2993 GenossInnen herausgegeben
75 Ausgaben junge Welt für 75 € 75 Ausgaben junge Welt für 75 €
75 Ausgaben junge Welt für 75 €
Aus: Ausgabe vom 10.07.2021, Seite 3 / Schwerpunkt
Kahlschlag bei Kreditinstituten

Hintergrund: Kahlschlag bei Commerzbank

Von Bernd Müller

Bei der Commerzbank ist der Kahlschlag im Filialnetz beschlossene Sache. Fast jede zweite Zweigstelle will das Institut schließen, 240 sollen noch in diesem Jahr dichtmachen, die anderen im kommenden Jahr. Bis 2024 will der Konzern zudem mehr als 7.000 Vollzeitstellen streichen.

Der harte Kürzungskurs, den die Commerzbank einschlägt, ist symptomatisch für die gesamte Branche. Das Jahr 2020 habe die Digitalisierung befeuert, schreibt die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, und das gehe einher mit einem höheren Sachaufwand. Das habe in der Bankenwelt nicht nur zu einer stärkeren Konzentration geführt, die Geldhäuser versuchten auch reflexartig, am Personal zu sparen und Filialen zu schließen. Allein im zurückliegenden Jahr sollen in der gesamten Branche fast 2.600 Beschäftigte betroffen gewesen sein.

Vor diesem Hintergrund wächst nicht nur die Unsicherheit des eigenen Arbeitsplatzes, auch der Druck auf die Beschäftigten steigt immer weiter: Höhere Ziele sollen bewältigt werden, die Flut an Informationen schwillt an, mehr Profit soll erwirtschaftet werden – und das oftmals bei einem geringen Gehalt.

Für 2.600 Beschäftigte will die Gewerkschaft höhere Löhne und verbindliche Arbeitszeiten festlegen lassen. Bei den konzerneigenen Tochtergesellschaften der Commerzbank lägen Einstiegsgehälter oft nur knapp über dem Niveau des Mindestlohns, kritisiert Verdi. Viele Angestellte müssten auf Abruf zur Verfügung stehen, was keine Lebensplanung zulässt.

Von einem Tarifvertrag bei ihren Konzerntöchtern hält die Commerzbank nicht viel. Eine Sprecherin wiegelte jüngst noch gegenüber der Wirtschaftswoche ab. Auch ohne Tarifverträge gebe es »gute Arbeitsbedingungen, die flexibel auf die Situation und Bedürfnisse dieser Gesellschaften vor Ort ausgerichtet sind«.

In den letzten 18 Monaten hätten sich viele Beschäftigte in der Gewerkschaft organisiert, heißt es bei Verdi. Deshalb habe man sich an den Konzern und die Geschäftsleitungen der Tochtergesellschaften gewandt, um Tarifverhandlungen zu führen. Allerdings weigerten sie sich und begründeten ihre Haltung damit, man wolle lieber direkt mit der Belegschaft verhandeln.

In der Tarifauseinandersetzung stehen die Zeichen auf Konflikt. Verdi hatte der Commerzbank ein Ultimatum gestellt, wenn der Konzern Streiks verhindern wolle. (bm)

Mehr aus: Schwerpunkt