Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
Gegründet 1947 Sa. / So., 21. / 22. Dezember 2024, Nr. 298
Die junge Welt wird von 3005 GenossInnen herausgegeben
Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025 Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
Aus: Ausgabe vom 14.08.2021, Seite 2 / Inland

Exministerpräsident Biedenkopf gestorben

Dresden. Der frühere sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) ist am Donnerstag abend im Alter von 91 Jahren im Kreis seiner Familie gestorben. Das teilte die Dresdner Staatskanzlei am Freitag mit. Biedenkopf war der erste Ministerpräsident Sachsens nach dem Anschluss der DDR und von 1990 bis 2002 im Amt. Davor war er CDU-Generalsekretär, Bundestagsabgeordneter und Landtagsabgeordneter in Nordrhein-Westfalen. (AFP/jW)

  • Leserbrief von Norbert Staffa aus Großolbersdorf (17. August 2021 um 12:39 Uhr)
    Keine üble Nachrede auf einen Verstorbenen – so sind die Gepflogenheiten der Pietät in diesem Lande. Kurt Biedenkopf ist verstorben. Der Tribut dieses Anstands soll auch ihm gezollt werden. In die euphorischen Worte der einsetzenden Nachrufe mag ich aber nicht einstimmen. Ich kann nicht erkennen, dass er die »Integrationsfigur der inneren Einheit Deutschlands« war. In den Augen der Ostdeutschen war er der Import aus den alten Bundesländern, der in Sachsen mit einem Kader aus der gleichen politischen Richtung kommender Funktionsträger die Verwaltung des führungslos gemachten Staates übernahm. Er war Exponent des entstehenden Wessi-Ossi-Klischees. Er hat die sächsische Verwaltung schematisch dem Weststandard angepasst und die Träger der systemnah oder systemnah erscheinenden Führungsebene unsensibel ins Abseits gedrängt. Aus namhaften Professoren, Doktoren, Pädagogen, Verwaltungs- und Technikspezialisten wurden über Nacht im günstigsten Fall Versicherungsagenten, Finanzberater oder Bockwurstverkäufer, im ungünstigen Fall arbeitslose Menschen. Ich kann die beschworene Dankbarkeit für seine Leistungen des Wiederaufbaus Sachsens nicht nachvollziehen. Im engen Zusammenwirken mit dem Apparat der Treuhand trug er maßgeblich zur Deindustrialisierung Sachsens bei. Er trug die Mitverantwortung für die Vernichtung Zehntausender Arbeitsplätze, für die Verschleuderung von Volksvermögen und die Entstehung von Massenarbeitslosigkeit nach 1990. Den sich bis zur Selbstaufopferung hingebenden Arbeitnehmern von MZ Zschopau, des ehemals führenden Motorradwerkes der Welt, hielt er bei einem Besuch demagogisch entgegen: »Ja, das will der Markt so, da kann man nichts machen.« Einen der Arbeiter drückte er mit der Suggestivfrage in die Enge: »Ja, würden Sie denn Ihr Produkt kaufen?« Bis dieser »beschämt« vor laufender Kamera verneinte. Mit seiner Billigung vernichteten kriminelle und windige, von der Treuhand eingesetzte »Sanierer« und »Verkäufer« das Werk. Unter der Ägide Biedenkopfs wurde ein international gewürdigtes und anerkanntes System der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule mit Erwerb des Abiturs in enger Verbindung mit der Praxis vernichtet und durch ein zersplittertes Schulsystem abgelöst. Der Feststellung der Partei Die Linke (Rico Gebhard) ist zuzustimmen, dass Biedenkopf »als konservativer Intellektueller Sachsen wie wohl kein anderer Mensch geprägt hat«. Es sollte sich die Frage anschließen, welchen Charakter diese Prägung hatte und in wessen Interesse sie geschah! Auf die kleinen Sünden des Ehepaars Biedenkopf sei nicht weiter eingegangen: die Hofhaltung von Frau Biedenkopf mit eigenem Büro etc. Das Geschmäckle bei der Auftragsvergabe an Biedenkopf-Freunde für Investvorhaben in Leipzig. Möge »König Kurt«, wie er sich selbstverliebt nicht ungern nennen ließ, in Frieden ruhen. Wie allen Verstorbenen seien ihm seine Sünden verziehen, aber nicht vergessen.