Lafontaine setzt auf deutsche Disziplin
Der SPD-Vorsitzende Oskar Lafontaine hat dazu aufgerufen, die Globalisierung der Märkte als Chance zu begreifen. Sie sei eine Chance, um den Wohlstand zu mehren und neue, sichere Arbeitsplätze zu schaffen, sagte Lafontaine auf dem »Innovationskongreß« seiner Partei am Mittwoch in Düsseldorf. Dies werde aber nur gelingen, wenn es in Deutschland zu einer umfassenden Erneuerung in Wirtschaft, Staat und Gesellschaft komme.
Die Bundesrepublik habe die Kraft, um die neuen Aufgaben zu bewältigen, doch sie lebe unter ihren Möglichkeiten, betonte Lafontaine. Sie verfüge über viele starke Großunternehmen, Millionen leistungsfähiger Betriebe in Mittelstand und Handwerk, eine hervorragende Infrastruktur sowie hochqualifizierte Facharbeiter und Wissenschaftler.
Es fehle dem Land aber eine »neue Aufbruchsstimmung, ein neuer Optimismus und eine klare politische Orientierung«, sagte Lafontaine in Anlehnung an Forderungen, wie sie auch Bundespräsident Roman Herzog erhoben hat.
Lafontaine kritisierte, es gebe seit Jahren einen »Reformstau«. Die falsche Wirtschafts- und Finanzpolitik der Bundesregierung führe dazu, »daß Jahr für Jahr Hundertausende von Arbeitsplätzen verlorengehen«. Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) habe den Standort Deutschland jahrelang heruntergeredet. Statt die Stärken des Landes zu nutzen, sei eine Umverteilungsideologie zu Lasten der großen Mehrheit der Bevölkerung verfolgt worden.
Der SPD-Chef mahnte, Deutschland müsse sich wieder auf die Tugenden besinnen, die es groß gemacht hätten - nämlich Erfindergeist, Leistungsbereitschaft, Disziplin, Tatkraft und Gemeinschaftssinn. Vor Jahren hatte er diese noch als »Sekundärtugenden« bezeichnet.
Lafontaine forderte außerdem ein Steuersystem, das die günstigen Abschreibungsbedingungen für die Wirtschaft erhält und zudem reinvestierte Gewinne begünstigt. Gelder für Forschung, Bildung und Wissenschaft müßten »absoluten Vorrang« haben. Die Mittel im Bundeshaushalt dafür müßten in den nächsten fünf Jahren verdoppelt werden. Außerdem müsse die Forschungslandschaft in Ostdeutschland revitalisiert werden.
An dem SPD-Kongreß unter dem Motto »Innovation für Deutschland«, bei dem sich die gesamte SPD-Führungsriege präsentierte, nahmen knapp 800 Vertreter von Wirtschaft, Politik und Forschung teil. Die Veranstaltung galt auch als Vorbereitung der SPD auf den Bundestagswahlkampf.
ddp/ADN/jW
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