Lebensfroher Drive
Emil Mangelsdorff ist tot. Der berühmte Jazzer ist im Alter von 96 Jahren in seiner Heimatstadt Frankfurt am Main gestorben. Was bleibt, ist der lebensfrohe Drive in Kompositionen wie »The Grabtown Grapple«. Er starb nach Informationen des Jazzinstituts Darmstadt am vergangenen Donnerstag. Seine erste Begegnung mit dem Jazz beschrieb Mangelsdorff einmal mit einem Erlebnis vor dem Radio seiner Eltern: »Da lief Louis Armstrong. Ich war geradezu elektrisiert, hatte einen Puls von 160 und wusste: Das ist es, das will ich auch machen!« Im Naziregime spielte er trotz Verbots im Hinterzimmer eines Frankfurter Hotels mit Freunden US-amerikanischen Swing. Damit die Polizei keinen Verdacht schöpfte, wurden die Jazztitel »eingedeutscht«. Zeit seines Lebens hat sich Mangelsdorff als radikaler Demokrat verstanden. Als Zeitzeuge berichtete er Jugendlichen über Ausgrenzung und Unterdrückung im Naziregime. Am Dr. Hoch’s Konservatorium in Frankfurt am Main studierte er Klarinette – ehe er wegen »Wehrkraftzersetzung« 1943 kurzzeitig inhaftiert und 1944 an die Front nach Russland geschickt wurde. Geprägt wurde der Altsaxofonist von Swing und Bebop. Mit Charles Mingus spielte er zusammen in New York. Seinen Sound brachte er in Bands ein, die Namen trugen wie Two Beat Stompers oder Frankfurt All Stars. 1966 gründete er die Swinging Oil Drops. Sein letztes Konzert gab Mangelsdorff vergangenes Jahr im November im Frankfurter Holzhausenschlösschen. (dpa/jW)
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