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Aus: Ausgabe vom 08.03.2022, Seite 10 / Feuilleton
Literatur

Pechvogel

Von Frank Schäfer

Bei der Schuluntersuchung in der vierten Klasse, erst die Mädchen, dann die Jungs, versuchte er durchs Schlüsselloch zu glotzen. Aber Carmen hatte drinnen was gehört und knallte ihm die Klinke vor die Stirn. »Das hätte ich nicht von dir gedacht, Fritz!«

Ein Halbjahr saß er in Welt- und Umweltkunde (WUK) neben ihr. Sie hatte gerade Handarbeit gehabt, das Nähzeug in Reichweite, und stach ihm mit der Nadel in den Arsch, dass er laut aufschrie. Er sollte sein »äffisches Geschrei« der WUK-Lehrerin Frau Möllering erklären und hielt dicht.

Ein Jahr später schrieb er Carmen einen Brief mit dem für Sechstklässler üblichen Inhalt. Sie überlegte lange, haderte mit sich, ging Pros und Cons durch und winkte schließlich ab. Es sei eine ziemlich knappe Kiste gewesen, erzählte ihm später ihre beste Freundin Andrea.

Andrea wollte dann auch nicht. Vermutlich zuwenig Sicherheitsabstand zwischen den beiden Briefen. Er war bei ihr nicht ganz so geknickt, aber diese ständigen Niederlagen bei Frauen machten natürlich was mit ihm.

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