300 Millionen Franc für den Wahlkampf der CDU?
In der Affäre um die vermuteten Schmiergeldzahlungen des französischen Mineralölkonzerns Elf Aquitaine an die bundesdeutsche CDU hat sich nun auch die renommierte Pariser Tageszeitung Le Monde zu Wort gemeldet. Wie das Blatt in seiner Dienstagausgabe berichtete, habe Elf 1992 mehr als 300 Millionen Franc (etwa 100 Millionen Mark) an »geheime Kommissionen« gezahlt. Die Zahlungen hätten im Zusammenhang mit dem Verkauf des ostdeutschen Minol- Tankstellennetzes und der Öl-Raffinerie in Leuna an das französische Unternehmen gestanden. Beobachter in Paris zeigten sich von dem mit zwei Seiten ungewöhnlich breiten Raum, den Le Monde dem Thema widmete, überrascht - schließlich hatte sich die Zeitung in der Ende vergangenen Monats aufgebrochenen Affäre bislang zurückgehalten und vor allem die Dementis der CDU veröffentlicht. In dem nun publizierten zweiseitigen Dossier spricht Le Monde von einer »Staatsaffäre«, in der auch »wahltaktische Interessen« von Bundeskanzler Kohl eine Rolle spielten.
Le Monde beruft sich in ihrem Bericht auf vertrauliche Informationen aus der Elf-Zentrale. Danach habe der damalige CDU-Schatzmeister Walter Leisler-Kiep als Präsident des Maklerbüros für Industrieversicherungen Gradmann & Holler 1992 Elf vorgeschlagen, »sich für den Bau von Leuna und die Übernahme des Minol- Tankstellennetzes zusammenzutun«. Bei den folgenden Verhandlungen mit dem Unternehmen soll Leisler-Kiep als Berater Kohls und der Direktion der Treuhandanstalt vorgestellt worden sein. Gradmann & Holler hätten zu verstehen gegeben, daß mit Leisler-Kiep für eine entsprechende politische Bürgschaft gesorgt sei. Die durch Elf errichtete Raffinerie »Leuna 2000« war als deutsch- französisches Vorzeigeprojekt gefeiert worden. Auch Le Monde konnte jedoch nicht aufklären, auf welche Art und an welche konkreten Empfänger die Gelder von Elf geflossen sein sollen. Die Rede war stets von Schweizer Konten und verschiedenen Scheinfirmen.
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.
Mehr aus: Ausland
-
Gefährliche Alternative
vom 30.05.1997 -
Moskau kommt dem Westen entgegen
vom 30.05.1997