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Aus: Ausgabe vom 23.06.2022, Seite 10 / Feuilleton
Documenta

Im Licht der Debatte

Mit einer Entschuldigung und Erklärungsversuchen geht der Antisemitismuseklats auf der Documenta 15 weiter. Hessens Kunstministerin Angela Dorn (Grüne) sieht das Problem zum Teil in einem fehlenden verantwortlichen Kurator begründet. »Die Verantwortung für die gezeigte Kunst liegt in erster Linie bei der künstlerischen Leitung. Dass diese von der Findungskommission diesmal einem Kollektiv übertragen wurde, nicht einem einzelnen Kurator oder einer einzelnen Kuratorin, hat offenbar dazu geführt, dass die Sorgfalt und die Verantwortung des Kuratierens gelitten haben«, sagte sie der dpa am Mittwoch.

Dorn betonte, ihr sei auf mehrfache Nachfragen bei der Documenta gGmbH immer versichert worden, es gebe keine Hinweise auf antisemitische Bildsprache auf der Ausstellung. »Warum nicht alle Werke gerade im Licht der Debatte im Vorfeld der Eröffnung eingehend betrachtet wurden und welchen Beitrag eine bessere Kommunikation durch die Gesellschaft hätte leisten können, wird zu klären sein.«

Die Generaldirektorin der Documenta, Sabine Schormann, hatte sich zuvor entschuldigt. Es sei versichert worden, dass auf der Documenta 15 keine antisemitischen Inhalte zu sehen sein würden. »Dieses Versprechen haben wir leider nicht gehalten. Das hätte nicht passieren dürfen«, erklärte sie in einer Mitteilung vom Dienstag. »Antisemitische Darstellungen dürfen in Deutschland, auch in einer weltweit ausgerichteten Kunstschau keinen Platz haben. Dies gilt ausdrücklich auch bei allem Verständnis für die Belange des globalen Südens und die dort verwendete Bildsprache.« Mit Respekt für die Unterschiedlichkeit der kulturellen Erfahrungsräume werde der begonnene Dialog weitergeführt.

Das Werk »People’s Justice« des indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi hatte wegen zweier antisemitischer Figurendarstellungen für eine Welle der Empörung gesorgt. Die Verantwortlichen der Documenta hatten zunächst entschieden, das Werk mit schwarzen Stoffbahnen zu verhängen. Am Dienstag abend wurde es dann ganz abgebaut. Das Banner war erst installiert worden, nachdem viele Journalisten und Fachbesucher die Documenta schon vorbesichtigt hatten – den Veranstaltern zufolge am vergangenen Freitag nachmittag. Der angegebene Grund für die Verspätung: notwendige restauratorische Maßnahmen aufgrund von Lagerschäden. Das Werk wurde nicht für die Documenta 15 angefertigt, sondern war erstmals 2002 auf dem South Australia Art Festival in Adelaide zu sehen. Es sei im Kontext des Kampfes gegen die Militärdikatur Suhartos in Indonesien (1967–1998) entstanden und bediene sich einer kulturspezifischen Bildsprache, bei der Regimevertreter als Schwein, Hund und Ratte dargestellt würden, hatte Taring Padi am Montag erklärt. (dpa/jW)

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