Aus: Ausgabe vom 23.08.2022, Seite 4 / Inland
NRW: Polizei ermittelt zu Fake-FDP-Plakaten
Düsseldorf. Die Polizei hat in Düsseldorf fingierte Plakate mit einer Aussage von FDP-Chef und Bundesfinanzminister Christian Lindner zum Neun-Euro-Ticket konfisziert. Der Staatsschutz habe die Ermittlungen übernommen, sagte ein Sprecher am Montag. Auf dem Plakat wird Lindner zitiert mit: »Kein Geld für ÖPNV? Sollen sie doch Porsche fahren.« In der Debatte um eine Nachfolgelösung für das Neun-Euro-Ticket hatte er deutlich gemacht, dass dafür keine Mittel bereitstünden. (dpa/jW)
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Damals also Brot, Kuchen und Marie Antoinette, heute ÖPNV, Porsche und Lindner; vielleicht sogar Rücktritt oder Amtsenthebung statt Guillotine, die das Grundgesetz ohnehin untersagt. Aber was haben Polizei und Staatsschutz da bitte zu ermitteln? Habe ich irgendeine »Zeitenwende« verpasst, die die Kunstfreiheit abgeschafft hätte? Begingen die genialen Plakatdesigner:innen einen Formfehler, indem sie den Aufdruck »Satire« vergaßen? Mit einem solchen hätten selbst desorientierte Elfenbeinturmbewohner wie Christian Lindner verstehen können, dass es sich um eine solche handelt. Oder sollten die Ermittlungen nur dazu dienen, den Adressaten für einen Kunstpreis herauszufinden?
Übrigens: Porsche fahren nicht einmal Menschen, die es sich wegen des Fehlens einer Vermögenssteuer leisten könnten. Porsche zu fahren ist unästhetisch, charakterlos, gehört sich nicht, gestattet bei den meisten Modellen nicht einmal die Mitnahme von vier erwachsenen Personen, ist aber vor allem antiökologisch. Schon mal was vom Klimawandel gehört, Herr Lindner? Der nach Ihrer Ansicht »den Profis überlassen« werden sollte? Dann müsste allerdings sowohl das Finanz- wie das Verkehrsministerium je einem Profi überlassen werden: Profis statt FDP!
Was hätte wohl Klaus Staek zu dieser Entwicklung gesagt, die ein klassisches gesellschaftspolitisches Roll-back darstellt? Und eine massive Einschränkung des Rechts auf freie Meinungsäußerung ohnehin. Vielleicht hätte er mit Tucholsky geantwortet: »Satire darf alles«.