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Aus: Ausgabe vom 30.08.2022, Seite 10 / Feuilleton
Documenta 15

Im Gespräch bleiben

Das indonesische Kuratorenkollektiv der Documenta, Ruangrupa, hat nach eigenen Worten die Bedeutung der Kasseler Kunstschau für die deutsche Öffentlichkeit unterschätzt. »In Indonesien schert sich niemand groß um uns. Die Documenta ist dagegen fast eine Staatsangelegenheit. Diese Größenordnung hätte uns früher klar sein müssen«, sagten die Ruangrupa-Mitglieder Reza Afisina und Farid Rakun dem Berliner Tagesspiegel (Montag).

»Für uns kamen die ersten Antisemitismusvorwürfe im Januar unerwartet. Wir hätten nie gedacht, dass es so eskalieren würde«, erläuterten die beiden in dem Interview. Als sich Politik und Medien einschalteten, sei »eine neue Dynamik« entstanden. »Daraus haben wir gelernt, dass wir besser erklären müssen, was wir machen.« Die Documenta 15 wird seit Monaten von Antisemitismusvorwürfen begleitet, vor allem ein Banner der indonesischen Künstlergruppe Taring Padi sorgte für viel Kritik.

Es gebe auch kulturelle Missverständnisse, sagten Afisina und Rakun. In Indonesien habe lange der Zugang zu Informationen von außerhalb gefehlt. »Manche nennen uns deshalb naiv, ignorant oder unsensibel, aber wir haben unsere eigenen Traumata aufzuarbeiten«, sagte Afisina. »Als die Vorwürfe aufkamen, haben wir nicht verstanden, warum man nicht direkt mit uns spricht, es keinen Dialog gab«, sagte Afisina. »In Indonesien gibt es anders als in Deutschland noch kein richtiges Vokabular dafür, um zu artikulieren, was ein antisemitisches Motiv ist.« Und: »Erst durch die Debatte haben wir begriffen, welch sensibles Thema Antisemitismus in Deutschland ist.«

Afisina erläuterte, warum sich das Kollektiv erst recht spät zu den Antisemitismusvorwürfen geäußert habe: »Nach dem ersten Zwischenfall mit Taring Padi haben wir zunächst Gespräche geführt. Wir verstehen einfach nicht, dass es hier nicht ausreicht, wenn wir öffentlich diesen Fehler eingestehen und uns insbesondere bei den Menschen in Kassel entschuldigen, mit denen wir uns verbunden fühlen. Bei uns wird ein Fehler genannt, man ordnet ihn ein und macht dann weiter. Hier hört keiner richtig hin, obwohl es uns gerade um den Dialog geht – das ist doch das Thema der Documenta 15. Es gibt gar nicht den Wunsch, einander zu verstehen.«

Zur Frage, ob das Kollektiv noch mal eine Großausstellung kuratieren würde, sagte Afisina, es fehle ihnen, selbst künstlerisch mitmachen zu können. »Trotzdem haben wir eine gute Zeit.« Außerdem sagte Afisina laut Tagesspiegel lachend: »Wir würden gerne an der nächsten Documenta teilnehmen.« (dpa/jW)

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