Nächste Station
So geht es weiter: Die wegen der Querelen um echten und vermeintlichen Antisemitismus auf der von ihnen kuratierten Documenta 15 in Kassel hierzulande bekannt gewordene indonesische Künstlergruppe Ruangrupa wird es in der BRD weiterhin schwer haben. So gab sich Hamburgs Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) am Montag betont besorgt, weil die beiden Ruangrupa-Mitglieder Reza Afisina und Iswanto Hartono eine Gastprofessur an der Hochschule für Bildende Künste (HFBK) Hamburg übernehmen sollen: Die Vorwürfe gegen die Documenta wögen schwer, erklärte Fegebank, offene Fragen müssten öffentlich ausgeräumt werden, wenn Mitglieder des Kollektivs in Hamburg lehren sollen. Ihren Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit versuchte Fegebank noch in den Dienst einer gerechten Sache zu stellen: »Die Wissenschaftsfreiheit kann und darf niemals Freibrief für antisemitisches Gedankengut sein«, so die Politikerin. Afisina und Hartono sollen am Mittwoch bei der Semestereröffnung HFBK vorgestellt werden, die Gastprofessur wird vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) gefördert.
Ähnliche Querelen hat Pink-Floyd-Gründungsmitglied Roger Waters schon lange am Hals, seit er die BDS-Bewegung zum Boykott Israels unterstützte und aufblasbare Schweine mit Davidstern fliegen ließ. Nächste Station: München. Weil Waters im März 2023 in der städtischen Olympiahalle auftreten soll, forderte Bayerns Antisemitismusbeauftragter Ludwig Spaenle (CSU) am Montag, dem Musiker den Vertrag zu kündigen, sollte er sich nicht von der BDS-Bewegung distanzieren. Auch Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) bat die Olympiahalle GmbH, öffentlich »nochmal zu prüfen, ob dieses Konzert tatsächlich stattfinden muss«. Er betonte, er habe nichts von dem Vertragsabschluss gewusst. Reiter stößt vor allem Waters’ Haltung zum Ukraine-Krieg sauer auf, er sprach von »verschwörungstheoretischen Äußerungen«. Der Sänger hatte im August in einem Interview behauptet, US-Präsident Joseph Biden »schürt das Feuer in der Ukraine«. Wenn Biden wolle, sei der Krieg »morgen beendet«. Ende September waren bereits mehrere Konzerte von Waters Europa-Tour in Krakow abgesagt worden, weil er in einem offenen Brief an die ukrainische Präsidentengattin Olena Selenska westliche Waffenlieferungen an die Ukraine kritisiert und sie dazu aufgefordert hatte, ihren Mann dazu zu bewegen, einen »anderen Weg« einzuschlagen. Am 28. September erklärte der Krakauer Stadtrat den Briten deshalb offiziell zur »persona non grata«. (pm)
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