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19.03.2004 / Feuilleton / Seite 13

Heilige Stunde

Neues zum »Alldeutschen Verband«: Rainer Hering legt ein Standardwerk vor

Frank Pieper

Bevor Fritz Fischer 1961 sein Buch »Griff nach der Weltmacht« veröffentlichte, herrschte in der westdeutschen Geschichtswissenschaft die Auffassung vor, die Deutschen wären am Ersten Weltkrieg unschuldig. Damit ging partiell auch eine Identifikation mit den Zielen Wilhelminischer Außenpolitik einher. Die bislang einzige Gesamtdarstellung über den »Alldeutschen Verband« (AV) teilte diese Ansichten. Alfred Krucks »Geschichte des Alldeutschen Verbandes« erschien 1954. Kruck kritisiert den AV nur, weil »seine Forderungen nach Siedlungsland ..., sein provozierendes Auftreten ... und die wiederholte Berufung auf den Krieg ... dem mißtrauischen Ausland hinlänglich Stoff geliefert (haben), die deutschfeindliche Propaganda wirkungsvoll zu untermauern«. Die Nähe der alldeutschen Parolen zu den wilhelminischen Regierungszielen unterschlägt Kruck und befleißigt sich einer bizarren Begrifflichkeit (»Deutschtum«, »undeutsches Volkstum«, »Judenproblem«, »deutsches Blut«). Seine Schlußfolgerung, der AV habe begonnen, »das deutsche Volk zu einer Gemeinschaft verantwortungsbewußter Staatsbürger zu erziehen«, ist absurd.

Aufgrund dieser schwerwiegenden Mängel ist die von Rainer Hering veröffentlichte umfangreiche Arbeit über den AV »Konstruierte Nation« so wichtig. Bedauerlicherweise blendet er die außenpolitische Dimension weitgehend aus, weil sie bereits hinreichend dokumentiert worden sei. Trotz dieser Einschränkung kann »Konstruierte Nation« als Standardwerk gelten.

Obgleich der AV kaum über 20 000 Mitglieder hinaus kam, konnte die 1890 aus der Taufe gehobene Honoratiorenorg...



Bevor Fritz Fischer 1961 sein Buch »Griff nach der Weltmacht« veröffentlichte, herrschte in der westdeutschen Geschichtswissenschaft die Auffassung vor, die Deutschen wären am Ersten Weltkrieg unschuldig. Damit ging partiell auch eine Identifikation mit den Zielen Wilhelminischer Außenpolitik einher. Die bislang einzige Gesamtdarstellung über den »Alldeutschen Verband« (AV) teilte diese Ansichten. Alfred Krucks »Geschichte des Alldeutschen Verbandes« erschien 1954. Kruck kritisiert den AV nur, weil »seine Forderungen nach Siedlungsland ..., sein provozierendes Auftreten ... und die wiederholte Berufung auf den Krieg ... dem mißtrauischen Ausland hinlänglich Stoff geliefert (haben), die deutschfeindliche Propaganda wirkungsvoll zu untermauern«. Die Nähe der alldeutschen Parolen zu den wilhelminischen Regierungszielen unterschlägt Kruck und befleißigt sich einer bizarren Begrifflichkeit (»Deutschtum«, »undeutsches Volkstum«, »Judenproblem«, »deutsches Blut«). Seine Schlußfolgerung, der AV habe begonnen, »das deutsche Volk zu einer Gemeinschaft verantwortungsbewußter Staatsbürger zu erziehen«, ist absurd.

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