Mensch Hitler
Vier Dekaden nach der Veröffentlichung der gefälschten Hitler-Tagebücher im Stern werden diese im Laufe des Jahres an das Bundesarchiv übergeben und dort zugänglich gemacht. Das teilten der Bertelsmann-Konzern und die Behörde gemeinsam am Montag mit. 1983 hatte die Zeitschrift des Hamburger Verlagshauses Gruner und Jahr vermeintliche Tagebücher von Adolf Hitler veröffentlicht, die sich nur wenige Tage später als Fälschung herausstellten. Es war einer der größten Medienskandale der Bundesrepublik.
Der Präsident des Bundesarchivs, Michael Hollmann, sagte, die gefälschten Tagebücher zeigten einen »dreisten Versuch, den brutalen Verbrechen des Nationalsozialismus einen menschlichen Anstrich zu geben, der in den 1980er Jahren in der Gesellschaft auf Resonanz traf«. Die Dokumente werden demnach am Standort Koblenz auf Dauer aufbewahrt und im Rahmen des gesetzlichen Auftrags zugänglich gemacht. Das Münchner Institut für Zeitgeschichte (IfZ) untersucht zudem die gefälschten Tagebücher. Bertelsmann will so ein möglichst objektives Bild erhalten, wie und warum es zur Veröffentlichung kommen konnte.
Die Forscher untersuchen im Auftrag von Bertelsmann – der Stern zählt zum Firmenportfolio – zudem die Zeit von der Gründung des Magazins durch Henri Nannen 1948 bis zu seinem Ausscheiden 1983. Im Mai 2022 war die Debatte rund um die Rolle des Ex-Stern-Chefredakteurs und Magazininitiators Nannen (1913–1996) in der Nazizeit neu entfacht worden. Auslöser war ein Beitrag des Rechercheformats »Strg_F« des öffentlich-rechtlichen ARD-Senders Norddeutscher Rundfunk gewesen. Darin ging es um antisemitische Flugblätter im Zweiten Weltkrieg, an denen Nannen wohl beteiligt war.
Angesichts der Untersuchung wurde die Journalistenauszeichnung Nannen-Preis vorläufig in Stern-Preis umbenannt. Die Auszeichnung wird in dieser Woche bereits zum zweiten Mal mit dem alternativen Namen verliehen. (dpa/jW)
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