Fachkräftemangel in 26 von 144 Berufsgruppen
Berlin. In Deutschland gebe es aktuell kaum noch Reserven, um fehlende oder demnächst ausscheidende Fachkräfte zu ersetzen, da der größte Teil der verfügbaren Arbeitskräfte bereits irgendwo beschäftigt ist. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts von Donnerstag gehen 85 Prozent der Bevölkerung zwischen 25 und 59 einer Erwerbstätigkeit nach, 89 Prozent der Männer, 81 Prozent der Frauen. Die Statistiker sehen zwar noch Reserven bei älteren und jüngeren Menschen, bei Frauen und durch weniger Teilzeitbeschäftigung, schreiben aber auch, Deutschland sei zur Bewältigung des Fachkräftemangels ebenso auf die Arbeitskraft von Eingewanderten angewiesen.
Eingewanderte Menschen sind jedoch seltener erwerbstätig. Ihre Job-Quote liegt den Daten zufolge bei 74 Prozent, wobei Frauen deutlich seltener einer bezahlten Arbeit nachgehen als Männer. Vor allem geflüchtete Menschen haben in der Regel zunächst keine Berechtigung, eine Arbeit aufzunehmen.
Um einen ausreichend großen Pool an Arbeitskräften bei ansonsten im wesentlichen gleichbleibenden Arbeitsbedingungen sicherzustellen, hat die Bundesregierung ein neues Gesetz zur Erleichterung der Einwanderung von Arbeitskräften auf den Weg gebracht, das am Freitag in erster Lesung im Bundestag diskutiert wurde. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) warb wie ihr Kabinettskollege, Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD), für die Pläne der Ampel. Man schaffe damit »eines der modernsten Einwanderungsrechte in der Welt«, sagte sie. Heil warnte davor, dass bis 2035 sieben Millionen Arbeitskräfte im Land fehlen könnten.
Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Die Linke, Susanne Ferschl, anerkannte einen gewissen Fachkräftemangel, forderte aber dazu auf, sich den Arbeitsmarkt genauer anzuschauen. So dramatisch, wie die Situation gern dargestellt werde, sei sie nicht. Lediglich in 26 von 144 Berufsgruppen gebe es tatsächlich einen Mangel. »Ansonsten fehlen Arbeitskräfte vorrangig dort, wo die Löhne gering und die Arbeitsbedingungen mies sind«, so Ferschl. Es sei kein Wunder, dass der Mangel vor allem in der Pflege, der Gastronomie und auf dem Bau besonders hoch ist. Die Gastronomie sei faktisch eine tariffreie Zone, im Bau wurde der Branchenmindestlohn von der Unternehmerseite aufgekündigt. Ferschl forderte die Bundesregierung auf, dieses Verhalten nicht noch mit dem Nachschub an billigen Arbeitskräften zu belohnen und die Ausweitung der »Westbalkanregelung« an das Vorhandensein von Tarifverträgen zu knüpfen. (dpa/jW)
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