vernetzen 2.0
15. – 21. Mai 2004
Liebe Leserinnen und Leser!
Immer wieder werden wir im In- und Ausland gefragt, wie es möglich ist, daß eine kleine, marxistische, aber von Parteien, Regierungen, Kirchen oder Konzernen unabhängige Tageszeitung in solchen Zeiten überleben kann. Weltweit, so sagen uns kubanische Freunde, gibt es wohl nur noch in Mexiko ein solches Projekt. Normalerweise bekommen vergleichbare linke Projekte auf Dauer ihre ökonomischen Zwänge und inhaltlichen Streitigkeiten nicht geregelt oder werden sonstwie kaputtgespielt. Oder passen sich herrschenden Verhältnissen an.
Anpassen gibt’s bei uns nicht. Sonstige Schwierigkeiten (vor allem ökonomische) hatten und haben auch wir jede Menge in den letzten neun Jahren – und trotzdem konnten wir uns immer weiterentwickeln. Dafür ist eine Reihe von Faktoren verantwortlich. Zunächst ist die junge Welt ein unverwechselbares und damit auch nicht ersetzbares Produkt. Ihre Macherinnen und Macher trauen sich, Klassenstandpunkte zu beschreiben und zu beziehen. Allerdings reicht es nicht aus, ein gutes und notwendiges Produkt zu machen – wenn man damit nicht auch eine ausreichende Anzahl Menschen erreicht, diese begeistert und bei ihnen die Einsicht in die Notwendigkeit eines Abonnements erzeugt. Und auch dann fehlt noch der entscheidende Schritt: Abocoupon ausfüllen und zum Verlag schicken. Daß möglichst viele Menschen bis zu diesem Punkt kommen, ist wichtigste Voraussetzung für die ökonomische Absicherung der Tageszeitung junge Welt. Das wiederum kann nur erreicht werden, wenn wir von der Herstellung der Zeitung bis zum Erreichen alter und neuer Leserinnen und Leser vielfältige Unterstützung erhalten. Dieses so entstandene Netzwerk wollen wir Ihnen in den nächsten Wochen vorstellen.
Wir knüpfen dabei an unsere Aktion »jetzt vernetzen!« vom Herbst 2002 an. Damals stellten wir unterschiedliche Bereiche vor, mit denen wir die junge Welt stärker verknüpfen wollen: Friedensbewegungen, Gewerkschaftslinke, Kulturschaffende, Antirassismusinitiativen und viele andere berichteten, wie sie die junge Welt für ihre Arbeit nutzen. Diesmal wollen wir Ihnen vor allem Personen vorstellen, die für die tägliche Verbreitung der jungen Welt sorgen. Dabei möchten wir Anregungen und Anleitung zum Handeln geben. Wir starten in der kommenden Woche mit Aktivisten, die mittlerweile meistens schon ihre eigenen kleinen Unterstützernetzwerke aufgebaut haben.
Mit dieser Kampagne beschreiben wir Ihnen unsere Infrastruktur – auch mit der Absicht, sie mit Ihrer Hilfe ausbauen zu können. Denn nur so können wir die vor uns liegenden Aufgaben meistern. Ökonomisch haben wir immer noch deutlich zu wenig Einnahmen (also: Abos). Für den Herbst geplante strukturelle Veränderungen verlangen zusätzliche Anstrengungen und ökonomische Mittel – die uns leicht überfordern könnten, wenn wir nicht ständig unser Netzwerk ausbauen. Deshalb: Beteiligen Sie sich möglichst aktiv an unserer Kampagne »vernetzen 2.0«. Und lassen Sie sich von den Beispielen inspirieren.
Verlag und Redaktion
Solidarität jetzt!
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.
Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!