Schuldspruch für Timothy McVeigh im Oklahoma-Prozeß
Mit einem Schuldspruch für den Angeklagten Timothy McVeigh ist am Montag der erste Prozeß um den Bombenanschlag von Oklahoma City am 19. April 1995 zu Ende gegangen. Die zwölf Geschworenen in Denver hielten ihn in allen Punkten für überführt, den schwersten Terroranschlag auf dem Boden der USA verübt zu haben. Dabei waren 168 Menschen ums Leben gekommen. Dem 29jährigen Golfkriegsveteranen droht nun die Todesstrafe. Über das Strafmaß werden die Geschworenen heute beraten. Der Prozeß gegen den zweiten Angeklagten Terry Nichols findet zu einem noch nicht bestimmten Zeitpunkt nach dem Urteilsspruch statt.
Präsident Bill Clinton sprach in einer ersten Reaktion von einem »wichtigen und lange überfälligen Tag« für die Überlebenden und Hinterbliebenen. Er äußerte Mitgefühl für die Hinterbliebenen, deren Schmerz kein Urteil lindern könne. Ihr Mut angesichts des großen Verlustes sei allen Amerikanern ein Vorbild, hieß es in der vom Weißen Haus veröffentlichten Erklärung. Zum Strafmaß äußerte er sich nicht. Unmittelbar nach dem Terroranschlag vor zwei Jahren hatte Clinton die Todesstrafe für die Schuldigen gefordert. Angehörige der Opfer der Explosion warteten in der Nähe des Gerichtssaals auf das Urteil. Sie nahmen die Entscheidung der Jury mit Jubelrufen auf. In Oklahoma City hatten sich am Ort der Tat zahlreiche Angehörige versammelt. Sie umarmten sich und äußerten Freude und Zufriedenheit über das Urteil.
Die Anklage hatte vor Bundesrichter Richard Matsch 162 Zeugen aufgeboten, um die Verwicklung McVeighs in den Anschlag zu beweisen. Staatsanwalt Larry Mackey hatte den Angeklagten in seinem Plädoyer vergangene Woche als überführt und schuldig bezeichnet. Verteidiger Stephen Jones hatte hingegen der Anklage vorgeworfen, ihren Fall auf Emotionen und der Trauer um die Opfer aufgebaut zu haben. Der Staatsanwalt habe nicht schlüssig beweisen können, daß der Angeklagte auch der Täter sei. Nach Ansicht der Verteidigung ist dieser bei der Explosion ums Leben gekommen.
Die Geschworenen urteilten hingegen, McVeigh habe die 1800-Kilo-Bombe zu dem Gebäude gefahren und mit einer Fernzündung zur Explosion gebracht. Damit wollte er die Erstürmung der Sektenzentrale der Davidianer exakt zwei Jahre zuvor in Waco im US-Bundesstaat Texas rächen. Die Bombe zerstörte das Gebäude völlig. In den Trümmern kamen 168 Menschen ums Leben, darunter 19 Kinder einer Tagesstätte. McVeigh wurde schon 75 Minuten später zufällig wegen eines Verkehrsvergehens festgenommen und später anhand von Indizien überführt. Wie im Prozeß aufgedeckt wurde, hatte McVeigh die Idee zu dem Anschlag einem rechtsradikalen Buch entnommen. Darin war ein Anschlag auf die FBI-Zentrale beschrieben worden.
AP/jW
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