Venske schmeißt hin
Wegen unterschiedlicher Positionen des Autorenverbandes PEN zum Nahostkonflikt ist die Hamburger Schriftstellerin Regula Venske von ihrem Amt als Generalsekretärin des PEN International zurückgetreten. Sie habe den PEN-Präsidenten Burhan Sönmez gebeten, sie mit sofortiger Wirkung von ihrem Amt zu entbinden, teilte PEN Deutschland am Montag in Darmstadt mit. Grund für ihren Rücktritt seien Statements des Londoner Sekretariats zu den aktuellen Ereignissen im Nahen Osten Anfang Oktober, die ihr vorab nicht bekannt gewesen und nicht von ihr gebilligt worden seien.
»Mit Entsetzen habe ich die Aussendung gelesen, deren Mangel an Empathie für die israelischen Opfer des Hamas-Massakers vom 7. Oktober mich zutiefst schockiert und deprimiert hat«, sagte Venske laut Mitteilung. Sie sei zu dem Ergebnis gekommen, dass sie »in den derzeitigen Strukturen von PEN International in Sachen Presseaussendungen wenig ausrichten« könne. »Nicht hinnehmbar« sei für sie außerdem, dass die Aufnahme einer nationalen israelischen PEN-Vereinigung »lange verzögert« worden seien. Laut FAZ beklagte Venske zudem, dass der kurdische Schriftsteller Sönmez in seiner Funktion als Präsident eine von ihr angeregte Diskussion über Praxis und Inhalte der Presseerklärungen sowie die allgemeine Haltung des PEN zu Israel unterbunden hätte.
Das deutsche PEN-Zentrum mit Sitz in Darmstadt wies darauf hin, aufgrund der Meinungsverschiedenheiten mit dem internationalen Verband ein eigenes Statement zum Gazakrieg veröffentlicht zu haben, in dem die Massaker an israelischen Zivilisten verurteilt und aller Toten des Konfliktes gedacht worden sei.
Zuletzt hatte PEN International etwa die Verhaftung der palästinensischen Aktivistin und Autorin Ahed Tamimi durch israelische Soldaten kritisiert, der ein »Aufruf zu terroristischen Aktivitäten« vorgeworfen wird. Zudem forderte die Organisation einen sofortigen Waffenstillstand in Gaza, die Freilassung aller Geiseln, den Schutz von Zivilisten, eine Beendigung aller Angriff auf Israel sowie der israelischen Blockade des Gazastreifens. Auch die Unterdrückung propalästinensischer Demonstrationen in verschiedenen europäischen Ländern wurde von PEN International problematisiert. In denselben Mitteilungen wurde allerdings auch die »abscheuliche Massentötungen von Zivilisten« durch die Hamas verurteilt.
Venske war von 2017 bis 2021 Präsidentin der nationalen deutschen PEN-Vereinigung. Im vergangenen Oktober wurde sie zur Generalsekretärin von PEN International gewählt, Mitglied im Präsidium der internationalen Organisation ist sie seit 2015. (dpa/AFP/jW)
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