Es möge Friede sein
Es gab im Dezember etwas Aufregung in den Feuilletons der Bundeshauptstadt: Der zu Recht berühmte RIAS-Kammerchor hatte spontan das Programm seines Neujahrskonzertes geändert. Ursprünglich hatte man das Händel-Oratorium »Israel in Egypt« geben wollen, in dem »es eine einseitige und alles erobernde Macht (gibt), die vor allem durch den Chor repräsentiert wird«. Das halte man trotz des alttestamentarischen Themas angesichts der Weltlage – Ukraine- und Gazakrieg et tutti quanti – »nicht für angemessen, um unsere Besucher*innen und uns auf ein neues Jahr feierlich einzustimmen«, hieß es in einer Mitteilung. Statt dessen hatte man sich die schöne Geste überlegt, ein Programm für den Frieden zu gestalten, das mit Charles Hubert Hastings Parrys Vertonung des Psalms 122 (»Wünschet Jerusalem Frieden! / Es möge wohlgehen denen, die dich lieben! / Es möge Friede sein in deinen Mauern und Glück in deinen Palästen! / Um meiner Brüder und Freunde willen will ich dir Frieden wünschen«) begann, auf das noch u. a. Händels »Te Deum« zur Feier des Friedens von Utrecht folgte. Linke Beobachter mögen daran vielleicht die Begründung bekritteln, in der für den Ukrainekrieg ein Alleinschuldiger genannt wird – natürlich Russland, bezüglich Nahost aber nur die zivilen Opfer beklagt werden. Manchem Bürgerlichen scheint der Vorgang dagegen ein unbotmäßiges Zugeständnis ans friedensbewegte Träumertum. Wer die Entscheidung – und besser noch das Konzert selbst – mit dem Chor diskutieren möchte, kann das am 5. Januar um 19 Uhr im Probenraum am Grazer Platz 4 in Berlin tun. Voraussetzung: Eine rechtzeitige Anmeldung unter: info@rias-kammerchor.de (jW)
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