Fall Jürgen Rose: Neue Vorwürfe gegen Polizei
Berlin. Die Initiative »Recherche-Zentrum« hat neue Anschuldigungen gegen Dessauer Polizeibeamte im Fall Jürgen Rose erhoben. Man sei zu dem Ergebnis gekommen, dass ihn 1997 mindestens vier Polizisten einer Nachtschicht in dem Polizeirevier, in dem 2005 auch Oury Jalloh ums Leben kam, körperlich misshandelt hätten, sagte Sprecherin Nadine Saeed bei einer Pressekonferenz am Donnerstag. Eine 40seitige Anzeige wegen Mordes sei am Donnerstag beim Generalbundesanwalt eingereicht worden. Die Polizei Dessau wollte sich auf Anfrage zu den Vorwürfen nicht äußern.
Rose war am 8. Dezember 1997 an schweren inneren Verletzungen gestorben, nachdem man ihn hilflos unweit des Polizeireviers vor einem Hauseingang gefunden hatte. Tags zuvor hatte er sich wegen Alkohol am Steuer in Polizeigewahrsam befunden. Der Tod sei bis heute nicht aufgeklärt worden, hieß es am Donnerstag. Zuletzt seien die Ermittlungen 2014 ergebnislos eingestellt worden. Neben den Fällen Jürgen Rose und Oury Jalloh ist noch ein dritter Fall aus dem Jahr 2002 bis heute nicht aufgeklärt.
Die Initiative stützt ihre Anzeige unter anderem auf ein Gutachten des britischen Schriftforensikers John Welch, der den Lagefilm der Polizei analysiert hatte. »Es ist das zentrale Dokument, welches die Chronologie rund um den 7. und 8. 12. 1997 im Polizeirevier Dessau vorgibt«, sagte Luke Harrow. Welchs Befunde würden gutachterlich belegen, dass die Ermittlungsakte manipuliert wurde. »Unserer Meinung nach in der Absicht, die Geschehnisse des Abends falsch darzustellen, um den Verdacht von den mutmaßlichen beteiligten Polizeibeamten abzulenken«, so Harrow. Nach eigenen Angaben hat die Initiative Akten studiert und Interviews mit Beteiligten geführt, unter anderem mit einer Rechtsmedizinerin.
Diese habe ausgeschlossen, dass der Fundort der Tatort war. Auch habe sie an Roses Körper Gewalteinwirkungen festgestellt, wie sie von Schlagstöcken kommen könnten. Es bleibe zu hoffen, dass die Todesumstände von Jürgen Rose neu untersucht werden, der Generalbundesanwalt die Ermittlungen nach der heute erfolgten Anzeige übernehme und führe und so Aufklärung gelingt, sagte die innenpolitische Sprecherin der Linkspartei im Landtag von Sachsen-Anhalt, Henriette Quade. Auch stehe die Frage nach Fehlverhalten und Manipulation von Akten und damit hierzu Ermittlungen im Raum. »Dieser Verdacht muss auch politisch alarmieren und ernst genommen werden«, so Quade. (dpa/jW)
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