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Aus: Ausgabe vom 17.05.2024, Seite 6 / Ausland
Slowakei

»Eine versuchte Hinrichtung«

Slowakei: Zustand von Premier nach Attentat stabil. Seine Partei macht Opposition verantwortlich
Von Dieter Reinisch
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Wachen für den slowakischen Premierminister vor dem Roosevelt-Krankenhaus in Banská Bystrica (15.5.2024)

Der slowakische Regierungschef Robert Fico hat das Attentat überlebt, er befinde sich aber noch in »sehr ernstem Zustand«. Dies berichteten seine Ärzte am Donnerstag, die Notoperation am Mittwoch hatte fünf Stunden gedauert. »Der Zustand ist aufgrund der Komplexität der Verletzungen immer noch sehr ernst«, sagte Robert Kaliňák, Verteidigungsminister und einer der drei stellvertretenden Ministerpräsidenten von Ficos sozialdemokratischer Smer-Partei zu Medienvertretern.

Am Mittwoch nachmittag hatte Fico das Kulturzentrum in Handlová, einer Bergbaustadt in der Region Trenčín im Norden der Slowakei, nach einer Regierungssitzung verlassen, um Passanten und Anhänger zu begrüßen: Daraufhin schoss ein 71jähriger Mann aus kürzester Distanz auf ihn. Laut Berichten wurden fünf Schüsse abgegeben. Fico wurde dreimal getroffen, zweimal in den Magen und einmal in den Arm. Der Premier fiel blutüberströmt zu Boden. »Es war eine versuchte Hinrichtung«, betonte ein Smer-Mitglied gegenüber Medienvertretern. Fico soll lange um sein Überleben gekämpft haben. Aufgrund seines schlechten Zustands wurde er von einem Hubschrauber in ein Krankenhaus in die zentralslowakische Stadt Banská Bystrica gebracht. Ein Flug in die Hauptstadt Bratislava wäre zu lang und riskant gewesen, wurde aus Reihen der Smer gegenüber jW erklärt. Medien berichten, dass Fico und Sicherheitskreise bereits im April von Anschlagsplänen auf den slowakischen Regierungschef informiert waren.

Bei dem Attentäter handelt es sich um ein Mitglied der liberalen Opposition, die in den westlichen Medien als prowestlicher Gegenpol zu den Sozialdemokraten bejubelt werden. Seit dem neuerlichen Wahlsieg des viermaligen Regierungschefs Fico setzt sich die slowakische Regierung für ein Ende der Sanktionen gegen Russland und gegen weitere Waffenlieferungen an die Ukraine ein. Als NATO-Mitglied kündigte die slowakische Regierung an, ein Veto gegen einen möglichen Beitritt der Ukraine in das transatlantische Militärbündnis einzulegen. Seither mobilisieren liberale Opposition und prowestliche Medien gegen Fico. Im Januar gingen jeden Donnerstag Zehntausende auf die Straße, um gegen die Regierung zu demonstrieren. Dennoch konnte der regierungsnahe Kandidat Peter Pellegrini Anfang April die Stichwahl um das Präsidentenamt für sich entscheiden.

Der ehemalige Regierungsberater Milan Nič sagte gegenüber dem Mittagsjournal des österreichischen Radiosenders Ö1 am Donnerstag, der Mordanschlag sei »Resultat der politischen Polarisierung« im Land: »Das politische Klima ist seit Jahren sehr zugespitzt. Es tut mir leid, wenn ich das nun sage, aber dieser Vorfall kommt nicht unerwartet.« Der linke Smer-Abgeordnete Ľuboš Blaha warf der Opposition vor, dass sie am Attentat schuld sei. Anschließend beschuldigte er während einer Pressekonferenz die liberalen Medien und erklärte: »Ihretwegen kämpft der viermalige Premierminister Robert Fico, der bedeutendste Staatsmann in der modernen Geschichte der Slowakei, derzeit um sein Leben.«

Die Opposition sagte für Mittwoch abend in Bratislava geplante Proteste gegen die Regierung ab. Die Parlamentsarbeit wurde suspendiert. Die Abgeordneten sollen ihre Arbeit erst am Dienstag wiederaufnehmen. Der Attentäter Juraj C. aus der südslowakischen Stadt Levice wurde wegen Rachemordes angeklagt, wie TV Markíza berichtete. Im Falle einer Verurteilung droht ihm eine lebenslange Haftstrafe. Der Angreifer wird derzeit in Nitra im Westen des Landes festgehalten. Angeblich ist der Attentäter stolz auf das, was er am Mittwoch begangen hat.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Joachim Seider aus Berlin (17. Mai 2024 um 16:32 Uhr)
    Es fällt wirklich auf, wie schnell feststeht, dass der Täter ein »einsamer Wolf« war. Wahrscheinlich kam man aus Zeitnot noch nicht dazu nachzudenken, ob es da nicht doch ein Rudel gegeben hat.

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