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Aus: Ausgabe vom 30.05.2024, Seite 5 / Inland
Pflegeversicherung

Erde an Lauterbach

Gewerkschaften und Sozialverbände fordern solidarische Pflegegarantie
Von Gudrun Giese
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Zahl der Bedürftigen explodiert, genauso die Kosten: Pflegeheim in Baden-Württemberg

Anfang der Woche gab Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bekannt, dass die Pflegefinanzierung in dieser Legislaturperiode nicht überarbeitet werde – trotz der »explosionsartig« steigenden Zahl an Bedürftigen. Das traf auf Kritik. Gewerkschaften und Verbände fordern eine umgehende und umfassende Reform. Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbands VdK, sprach sich für einen bereits von Lauterbach ins Gespräch gebrachten Neuansatz aus: die Bürgerversicherung. »Wir brauchen eine Pflegeversicherung, in der alle Bürgerinnen und Bürger versichert sind, und die nicht nach privater und gesetzlicher Versicherung unterscheidet«, betonte Bentele am Dienstag.

Um alle pflegebedingten Kosten abdecken zu können, müsse auch die Beitragsbemessungsgrenze fallen. Menschen mit hohen Einkommen würden dann entsprechend höhere Versicherungsbeiträge entrichten. Da die Zahl der Bedürftigen schnell steige, werde zusätzlich ein Steuerzuschuss nötig sein. Das Ganze müsse unbedingt noch vor der nächsten Bundestagswahl auf den Weg gebracht werden, so die VdK-Präsidentin. »Die Erarbeitung von Vorschlägen zur langfristigen Finanzierung der Pflegeversicherung, die Ende der Woche abgeschlossen sein muss, hat schon viel zu lange gedauert.« Grundlegend neue Ideen seien ohnehin nicht zu erwarten. Die Blockadehaltung der Ampelkoalition führe zu weiteren Verschlechterungen für Pflegebedürftige und pflegende Angehörige. »Hier zu warten, ist unverantwortlich.«

Da die Beiträge zur gesetzlichen Pflegeversicherung nun bereits ab 2025 weiter erhöht werden sollen, sei eine Reform durch die amtierende Bundesregierung unerlässlich, sagte am Dienstag Verdi-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler. »Die Probleme der Pflegeversicherung sind seit Jahren bekannt. Eine Lösung darf nicht weiter aufgeschoben werden.« Pflegebedürftige und ihre Angehörigen erwarteten zu Recht, dass existentielle Risiken abgesichert würden. In einem ersten Schritt müssten versicherungsfremde Leistungen ausgelagert werden, etwa die Rentenversicherung pflegender Angehöriger oder pandemiebedingte Kosten. Die Bundesregierung habe in ihrem Koalitionsvertrag festgelegt, dass solche gesamtgesellschaftlichen Aufgaben aus Steuern zu finanzieren seien. Durch diese Kostenverlagerung hätte die Pflegeversicherung einige Milliarden Euro mehr zur Verfügung. Wie der VdK setzt sich auch Verdi für eine solidarische Pflegegarantie ein, bei der alle Versicherten entsprechend ihres Einkommens einzahlen. Auch Einkommen aus Kapitalerträgen sollten in die Finanzierung einbezogen werden. So wären die explodierenden Eigenbeträge für Bewohner von Pflegeheimen in den Griff zu bekommen.

Wie Bentele forderte Bühler die Bundesregierung zum schnellen Handeln auf. »Eine ideologisch getriebene Blockadepolitik durch den kleinsten Koalitionspartner FDP ist keine gute Grundlage für politisches Handeln der Ampel«, erklärte die Gewerkschafterin. SPD und Grüne sollten endlich Haltung zeigen und die Reform durchsetzen. »Die Unterstützung in der Bevölkerung wäre ihnen gewiss.«

Wie der Verband der Ersatzkassen in Nordrhein-Westfalen am Dienstag mitteilte, könnten die gesamten Finanzmittel in der Pflegekasse Anfang 2025 weniger als eine Monatsausgabe betragen. In diesem Fall dürfe die Bundesregierung den Beitragssatz per Rechtsverordnung anheben. Die Ampelkoalition hatte die Beiträge zum 1. Juli 2023 für alle mit weniger als zwei Kindern erhöht und damit die Sätze bis 2025 sichern wollen. Das dürfte Makulatur sein.

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