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Aus: Ausgabe vom 01.06.2024, Seite 8 / Inland
Internationalismus

»Wir wollen den Austausch bis zum Ende der Lieferkette«

Brigade aus der BRD zu Besuch in Andalusien. Spanische Delegation für Sommer eingeladen. Ein Gespräch mit Sara Ludwig
Interview: David Maiwald
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Was billig aus spanischen Gewächshäusern importiert wird, muss von schlecht bezahlten Arbeiterinnen und Arbeitern geerntet werden

Ihr Verein Interbrigadas war im April mit einer Brigade im andalusischen Almería. Was war das Ziel des Besuchs im Süden Spaniens?

Die Brigade war auf Beziehungsarbeit ausgerichtet. Wir sind mit bestehenden Kontakten aus Betriebsräten von verschiedenen Unternehmen in den Austausch gekommen. Die Arbeit beinhaltete Mobilisierungsarbeit, Besuche von Arbeiterinnen und Arbeitern der Gewächshäuser und Betriebsratswahlen bis hin zur Begleitung des gewöhnlichen Arbeitsalltags. Gleichzeitig haben wir den Alltag der andalusischen Landarbeitergewerkschaft SOC-SAT unterstützt. Im Vergleich zu anderen Gewerkschaften in der Region macht diese eine sehr starke Basisarbeit. So konnten wir einen Einblick bekommen, mit was für haarsträubenden Arbeitsbedingungen und Konfrontationen es die Beschäftigten zu tun haben.

Warum brauchen die Strukturen dort Ihre praktische Unterstützung?

Unsere politische Analyse versteht die Brigaden nicht als Unterstützung, sondern als ein Instrument, um gemeinsame Ziele für eine gemeinsame Organisierung praktisch zu erarbeiten. Es geht nicht darum, wer Unterstützung braucht, sondern soll ergänzend ansetzen. Wir wollen ein Bindeglied sein, das verschiedene Erfahrungen im Kampf gegen das Gleiche verbindet. Es ist klar, dass wir in anderen Kontexten sozialisiert sind und andere Ressourcen haben. Doch wir wollen den Kampf trotz dieser Widersprüche kollektiv verstehen und führen.

Von 19. bis 28. Juli soll eine Ihrer Delegationsreisen Arbeiterinnen und Arbeiter aus der Region Almería in die BRD führen. Was ist geplant?

Dem liegt unser praktisches Verständnis von Internationalismus zugrunde, um einen Austausch vom Anfang bis zum Ende der Lieferkette möglich zu machen. Mit den Arbeiterinnen und Arbeitern aus Andalusien haben wir mögliche Druckmittel diskutiert, um den Kampf gemeinsam praktisch voranzubringen. Wir wollen mit organisierten Beschäftigten im Einzelhandel diskutieren, die schon seit einiger Zeit im Tarifstreit sind. Wir wollen landwirtschaftliche Beschäftigte und Betriebe besuchen, die von den gleichen Biozertifizierern geprüft werden wie die andalusischen. Ein wichtiger Punkt wird auch sein, diese Zertifizierer zu treffen.

Was stört Sie an der Rolle der Supermärkte?

Sie sind die größten Abnehmer des Obsts und Gemüses aus Andalusien. Es würde die Arbeitsbedingungen ohne deren Politik und Nachfrage nach den Produkten nicht geben. Sind konventionell erzeugte Tomaten aus Deutschland viel teurer als Biotomaten aus Almería, können Rückschlüsse auf die Arbeitsbedingungen gezogen werden. Wird ein Prüfer von Lidl in einem Gewächshaus mit Zeit und Tag angekündigt, ist klar, dass er nichts findet, was beanstandet werden könnte. Arbeiterinnen und Arbeiter berichten uns, dass sie in solchen Situationen beispielsweise besonders sauber vorgehen oder bestimmte Dinge ausführen müssen, die sonst nicht regulär stattfinden. Die Beschäftigten haben viel Wissen über die Lieferketten. Sie sind diejenigen, die verschiedene Etiketten auf die gleichen Paprikas kleben, die an die unterschiedlichen Unternehmen gelangen.

Und was sind langfristige Ziele des Austauschs der Brigaden?

Auf jeden Fall die Organisierung, Erfahrungen zu sammeln in diesem System und Perspektiven zu entwickeln, in welchem System wir arbeiten und leben wollen. Dann können wir gemeinsam politische Instrumente dafür ausarbeiten. So wird hierzulande viel über das Lieferkettengesetz diskutiert. Wenn andalusische Arbeiterinnen und Arbeiter uns sagen, dass das Instrument der Lieferkette für sie keine Perspektive beinhaltet, dann dient ein Eintreten dafür nicht dem gemeinsamen Kampf.

Durch Selbstorganisierung und Vernetzung mit Organisationen in Deutschland wollen wir einen weiten Blick darauf eröffnen, wie komplex Handel und Wirtschaft funktionieren und wo die Zusammenhänge sind. So können wir über die Landesgrenzen hinweg ein kollektives Verständnis für die Situation des internationalen Handels entwickeln und Kämpfe international verbinden.

Sara Ludwig (Name geändert) ist ­aktiv im Verein Interbrigadas

interbrigadas.org

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