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Aus: Ausgabe vom 03.06.2024, Seite 6 / Ausland
Lateinamerika

»Coolster Diktator« macht weiter

El Salvador: Präsident zu zweiter Amtszeit vereidigt. Inhaftierung von Opposition zur Amtseinführung
Von Volker Hermsdorf
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Königliches Auftreten: Najib Bukele und Gabriela Rodríguez de Bukele zeigen sich Unterstützern zum Amtsantritt (San Salvador, 1.6.2024)

El Salvadors rechter Präsident Najib Bukele hat sich am Sonnabend trotz erheblicher Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit seines Mandats für eine zweite Amtszeit vereidigen lassen. Der 42jährige Geschäftsmann, der sich selbst als »coolsten Diktator der Welt« bezeichnet, war am 4. Februar mit großer Mehrheit für weitere fünf Jahre wiedergewählt worden, obwohl die Verfassung das verbietet. Während Mitglieder sozialer Bewegungen gegen die unter Ausschluss der Öffentlichkeit ablaufende Zeremonie protestierten, nahmen Staatsoberhäupter und Delegationen mehrerer Länder an der Amtseinführung teil.

Zu den Ehrengästen, die Bukeles Anspruch mit ihrer Anwesenheit legitimierten, gehörten neben Spaniens König Felipe VI. unter anderem die Präsidenten von Costa Rica, Ecuador, Honduras, Paraguay und des Kosovo sowie der Premierminister von Belize. Aus Washington war lediglich eine Delegation des US-Ministeriums für innere Sicherheit angereist. Auch Kuba hatte mit der Bildungsministerin und dem Südamerikadirektor des Außenministeriums Vertreter aus der dritten Reihe geschickt. Stargast des Aktes war indes Argentiniens Staatschef Javier Milei, den Bukele zur Begrüßung herzlich umarmte. Nach der Feier erörterten die beiden Protagonisten der lateinamerikanischen Rechten laut einer Mitteilung des Präsidialamtes »wichtige Fragen zur Stärkung der bilateralen Zusammenarbeit und zur Suche nach neuen Möglichkeiten für eine gemeinsame Entwicklung«. Das US-Außenministerium hatte zuvor in einer Presseerklärung seine Bereitschaft versichert, mit Bukele »in den Bereichen verantwortungsvolle Staatsführung, Sicherheit der Bürger« sowie »wirtschaftlicher Wohlstand und Menschenrechte« zusammenzuarbeiten.

Genau darum ist es in dem mittelamerikanischen Land allerdings schlecht bestellt. Seit dem im März 2022 von Bukele ausgerufenen Ausnahmezustand hat die Regierung mehr als 80.000 Personen festnehmen lassen, die angeblich Mitglieder krimineller Banden sind. Tausende von ihnen sitzen ohne Haftbefehl oder vorhergehende Untersuchung in dem eigens dafür gebauten größten Gefängnis Lateinamerikas hinter Gittern. Human Rights Watch und Amnesty International kritisieren die Folter von Gefangenen und die Verhaftung unschuldiger Menschen, darunter auch Minderjähriger. Inländische Menschenrechtsorganisationen wie Movir, Socorro Jurídico Humanitario, Cristosal und Idhuca haben mehr als 300 ungeklärte Todesfälle von Häftlingen dokumentiert.

Derartige Vorwürfe und jeden Hinweis auf die soziale Ungleichheit als Hauptursache der Gewalt ignoriert der bevorzugt Jeans und eine Baseballmütze tragende Staatschef. Er habe El Salvador vom »Krebsgeschwür der Banden« geheilt und in »das sicherste Land der westlichen Hemisphäre« verwandelt, lobte Bukele sich am Sonnabend selbst. In seiner zweiten Amtszeit wolle er sich nun vor allem darum kümmern, die Wirtschaft zu heilen, »auch wenn wir dazu bittere Medizin schlucken müssen«. Das klang wie eine Drohung. Denn während große Teile der Bevölkerung das Vorgehen gegen die Gangs offenbar unterstützen, nehmen die wirtschaftlichen Sorgen im Land zu. Unter Bukele stieg die Armutsquote von 22,8 auf 27,2 Prozent. Obwohl bereits mehr als ein Viertel der rund 6,5 Millionen Einwohner in Armut lebt, steigt die Inflation bei Lebensmitteln stärker als die Löhne und Renten. Im März dieses Jahres erreichte die Staatsverschuldung zudem 30 Milliarden US-Dollar, wovon 10,5 Milliarden von der derzeitigen Regierung stammen, die seit 2023 mehr als 1,6 Milliarden aus dem Rentenfonds der Beschäftigten entnommen hat.

Doch Kritiker werden kaltgestellt. Am Vorabend der Amtseinführung behauptete die Polizei, eine Anschlagserie verhindert zu haben, und nahm mehrere Personen fest. Unter den meist der Opposition angehörenden Verhafteten war auch José Santos Melara, ein ehemaliger Kämpfer und Abgeordneter der Nationalen Befreiungsfront Farabundo Marti (FMLN). Die Opposition sieht darin ein weiteres Beispiel für Willkür und politische Verfolgung.

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