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Aus: Ausgabe vom 03.06.2024, Seite 8 / Inland
Militarismus in Bayern

»Diese autoritären Vorhaben finden wir besorgniserregend«

Bayern: Bündnis protestiert in Erlangen gegen »Gesetz zur Förderung der Bundeswehr«. Ein Gespräch mit Clara Noch
Interview: Hendrik Pachinger
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Wollen Orte des Lernens nicht dem Militär überlassen: Teilnehmende der Kundgebung in Erlangen (1.6.2024)

Viele Zusammenschlüsse in Bayern äußerten sich kritisch zum geplanten »Gesetz zur Förderung der Bundeswehr«. Am Sonnabend sind nach Angaben Ihres Bündnisses bis zu 200 Menschen in Erlangen Ihrem Aufruf gefolgt und gingen auf die Straße. Was ist an dem Gesetz so problematisch?

Im Gesetzesvorschlag heißt es explizit, er solle einen Beitrag dazu leisten, die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr zur Landes- und Bündnisverteidigung wiederherzustellen. Im Gegensatz zur bayerischen Staatsregierung denken wir nicht, dass eine »einsatzbereite« Bundeswehr unsere Sicherheit erhöht. Vielmehr denken wir, dass die Hochrüstung Deutschlands die Kriegsgefahr in Europa vergrößert.

Wir denken auch, dass die Inhalte des Gesetzes einen antidemokratischen Charakter haben. Aushebelung demokratischer Prozesse in der Bauordnung, ein Verbot von Zivilklauseln und eine Pflicht für Schulen und Hochschulen, mit der Bundeswehr zusammenzuarbeiten – das alles halten wir für Vorhaben, die aufhorchen lassen sollten. In unserem Aufruf fordern wir neben dem Verwerfen des Gesetzesentwurfes auch, Waffenexporte zu verbieten und Deutschland zu entmilitarisieren. Eines ist dabei für uns klar: Nichts davon wird ohne eine breite Protestbewegung durchsetzbar sein. Frieden muss erkämpft werden.

Ein häufiges Argument von Kritikern ist das implizite Verbot von Zivilklauseln an Hochschulen, sprich die Selbstverpflichtung, Forschung nur für zivile Zwecke zu betreiben. Aktuell gibt es diese Klauseln in Bayern nicht. Was ist an dem Verbot so gefährlich?

Dort, wo es Zivilklauseln gibt, wurden sie von Forschenden, Studierenden und Lehrenden erkämpft. Wie der Hase in Bayern läuft, zeigt, dass derartigen Auseinandersetzungen gleich im voraus ein Riegel vorgeschoben werden soll. Der Aufrüstung Deutschlands soll kein Protest im Weg stehen. Ähnliches gilt für die geplante Änderung der bayerischen Bauordnung. Diese würde Kommunen das Mitspracherecht bei militärischen Bauvorhaben nehmen. Die Bundeswehr dürfte sich ihre Bauten selbst genehmigen. Es könnten also auch keine Bürgerentscheide mehr dagegen angestrebt werden. Diese autoritären Vorhaben der Staatsregierung finden wir besorgniserregend.

Markant ist die Prioritätensetzung des Gesetzes. Während Schulen durch das Staatsministerium zur Zusammenarbeit gezwungen werden können, hat die Luftwaffe »klaglos hinzunehmen«, dass Bayern ein Land mit Windrädern sei. Diverse Bauverordnungen sollen zukünftig militärische Belange bevorzugen, bleiben der angestrebten Energiewende aber nachgeordnet. Ist das nicht ein Widerspruch?

Durch eine Änderung des Landesplanungsgesetzes soll militärischen »räumlichen Erfordernissen« hier ein »überragendes öffentliches Interesse« bescheinigt werden. Ein Rechtsbegriff, mit dem militärischen Projekten Vorrang vor anderen Vorhaben und Interessen, zum Beispiel vor ökologischen Bedenken, eingeräumt würde. Der Ausbau erneuerbarer Energiequellen soll davon explizit nicht betroffen sein. Das ist kein Widerspruch, denn die Energiewende voranzutreiben ist essentiell, um Deutschlands Abhängigkeit von anderen Ländern abzubauen, und gehört somit auch dazu, Deutschland kriegsbereit zu machen.

Zur Demonstration riefen zahlreiche gewerkschaftliche Gliederungen, Autonome und Jugendgruppen bis hin zur FDJ auf. Ein schwieriger Spagat für Sie?

Wir haben die Zusammenarbeit im Bündnis als sehr positiv erlebt und konnten uns auf vieles verständigen. Es gibt für uns alle Aspekte des Gesetzes, die uns besonders beschäftigen. Aber bei vielem sind wir uns einig. Zum Beispiel, dass wir durch die Hochrüstung Deutschlands nichts zu gewinnen haben. Noch treffen uns hier »nur« die Teuerungen durch die Sanktionen, doch wenn die laufenden Kriege weiter eskaliert werden, dann werden auch uns die direkten Auswirkungen von Krieg treffen: Hunger, zerstörte Häuser, Verlust von Angehörigen, Verlust des eigenen Lebens.

Clara Noch ist Sprecherin des Bündnisses »Gesetz zur Förderung der Bundeswehr verhindern! Bundeswehr raus aus Schule und Uni!«

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