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Aus: Ausgabe vom 03.06.2024, Seite 10 / Feuilleton
Jazz in der jW-Maigalerie

Die besten Gummistiefel

Das Duo Matsch & Schnee spielt in der neuen Reihe »jW geht Jazz« in der Maigalerie in Berlin
Von Gisela Sonnenburg
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Die Ohren öffnen: Matsch & Schnee

Jazz ist Existentialismus, und Existentialismus ist Jazz. Wer wüsste das besser als die Frauen, die musikalisch im Jazz und gedanklich mit dem Existentialismus zu tun haben? Wie Maike Hilbig und Silke Eberhard. Die Wahlberlinerinnen, von denen die erste aus Nürnberg und die zweite aus Baden-Württemberg stammt, bilden ein Duo, das sich Matsch & Schnee nennt. Man sieht dazu Berlin vor dem geistigen Auge, im Januar oder Februar. Die Stadt schwimmt in grauweißem Tauwetter. In so einer Situation greift Eberhard zum Saxophon, genauer gesagt: zum Altsaxophon. Und Maike Hilbig stellt sich ihren Kontrabass zurecht. Diesen Dienstag werden sie genau das in der Maigalerie in Berlin tun, wenn es wieder heißt: »jW geht Jazz«.

Matsch & Schnee verbinden die Lockerheit von Barmusik mit dem Anspruch exaltierter, wagemutiger Klänge. Free Jazz findet bei ihnen auf der Grundlage von eigenen Kompositionen statt, für die Eberhard verantwortlich zeichnet. Ihr Sound schmeichelt dem Ohr – Kammermusik einerseits, das Herz des Swing andererseits. Gerade das Altsax mit seinem tiefen, gutturalen Basisklang ist, wenn man so will, die Vorstufe zur Bigband. Es ist kein Zufall, dass der berühmte Charlie Parker ausschließlich Altsaxophon spielte.

Es gehört übrigens zu den Holzblasinstrumenten. Denn der Corpus ist zwar metallen, aber das Mundstück hölzern. Es ist für die prägnante, charmant gleitende Tonerzeugung zuständig. Dagegen steht das Zupfen auf dem Kontrabass. Eine elementare Technik: die langen Saiten nicht zu fiedeln, sondern mit spitzen Fingern in kurze Schwingungen zu versetzen. Hilbig hat in diesem Stakkato ihre Berufung gefunden. Studiert hat sie dafür im fränkischen Nürnberg. Seit 2005 lebt sie ihre Neigung zum Jazz in Berlin aus, und zwar in verschiedenen Formationen.

Ihre Duettpartnerin Eberhard studierte an der Hochschule für Musik »Hanns Eisler Berlin«. Auch sie hat mehrere Eisen im Feuer, spielt in verschiedenen Ensembles. 2020 erhielt sie den Jazzpreis Berlin, 2023 ging er an ihre Gruppe Potsa Lotsa XL. Außerdem gehört sie zum Vorstand der Deutschen Jazzunion, dem Berufsverband der Jazzer.

Eines werden die beiden immer mal wieder gefragt: wieso sie sich Matsch & Schnee nennen. Tatsächlich basiert ihr humoriger Name auf den Initialen ihrer Vornamen: weil man mit M und S eben auch Matsch und Schnee kürzelt, zum Beispiel bei Autoreifen, die im Winter so wichtig sind für eine sichere Fahrt. Meistens ist realer Schneematsch aber ziemlich fern, wenn sie auftreten. Weshalb sie dann ein wandelnder Gag sind. Im Frühsommer, also jetzt, allemal. Aber gute Musik spielt eben gern antizyklisch auf.

»Man kommt nicht als Frau zur Welt, man wird es«, sagte einst die Gelehrte Simone de Beauvoir, die eine Ikone der feministischen Literatur und zudem die bedeutendste Existentialistin war. Hätte sie sich musikalisch äußern wollen, sie hätte sich eine Partnerin gesucht und dann wie Matsch & Schnee geklungen. Darauf würde ich meine besten Gummistiefel verwetten.

Matsch & Schnee – Silke Eberhard (Altsaxophon) und Maike Hilbig (Kontrabass) in der Reihe »jW geht Jazz«: 4. Juni, Maigalerie, Torstraße 6, 10119 Berlin, Beginn: 19.30 Uhr, Eintritt: zehn Euro (ermäßigt fünf Euro)

Mit der Bitte um Voranmeldung für beide Veranstaltungen unter 0 30 / 53 63 55 - 54 oder unter maigalerie@jungewelt.de

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