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Aus: Ausgabe vom 04.06.2024, Seite 6 / Ausland
Gazakrieg

Plappern und drohen

Baerbock phantasiert von deutscher »Schutztruppe« im Gazastreifen. Israel will Krieg »bis zur Zerstörung der Hamas« weiterführen
Von Knut Mellenthin
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Noch kein Ende in Sicht: Israelischer Luftangriff am Montag auf Rafah im Gazastreifen

»Die Deutschen nach vorn!«, soll sich angeblich der britische Truppenführer am 22. Juni 1900 während der westlichen Militärintervention zur Aufstandsbekämpfung in China gewünscht haben. Jetzt ist Annalena Baerbock an der Reihe, deren Ressort genau betrachtet nicht das Verteidigungs-, sondern das Außenministerium ist: Beim Parteitag der Grünen verkündete sie am Sonnabend kaum missverständlich ihre Bereitschaft, Bundeswehr-Soldaten in den palästinensischen Gazastreifen zu schicken, »wenn es jetzt nicht nur einen Wiederaufbau braucht, sondern eine internationale Schutztruppe«. Die Bild ließ allerdings sofort einen »Experten« mahnen: »Vor einem möglichen Einsatz muss die Hamas zerschlagen werden.« Die Zerschlagung der Hamas ist auch die Position der israelischen Regierung. Die Stationierung einer »internationalen Schutztruppe« gehört jedoch nicht zu ihren Vorstellungen, sondern sie bevorzugt eine zeitlich unbegrenzte Kontrolle des Gebiets durch die israelischen Streitkräfte.

Der Vorstoß der munter plappernden deutschen Außenministerin war durch eine Rede des US-Präsidenten Joseph Biden beflügelt worden, in der er einen angeblich israelischen Vorschlag für eine dauerhafte Beendigung des Gazakriegs präsentiert hatte. Israelische Medien kommentieren die Zuschreibung des Drei-Phasen-Plans an ihre Regierung mit leichter Ironie bis hin zu scharfem Sarkasmus.

Benjamin Netanjahu hatte Bidens Vorschlag umgehend eine Absage erteilt: Der Krieg werde weitergeführt bis zur »Zerstörung der Hamas«. Gleich nach dem 7. Oktober hatten der Premierminister und sein Verteidigungsminister Joaw Gallant verkündet, dass jedes Mitglied der Hamas, nicht nur im Gazastreifen, schon jetzt »ein toter Mann« sei. Englischsprachige israelische Medien gaben den Begriff mit »dead man walking« wieder, was in den USA für zum Tode Verurteilte steht.

Für kurzzeitige Verwirrung sorgte Ophir Falk, angeblich außenpolitischer Chefberater Netanjahus, der in der britischen Sunday Times behauptete, Bidens Vorschlag habe zwar schwere Mängel und erfordere noch viel Arbeit, aber Israel habe ihm trotzdem zugestimmt, um endlich die Geiseln freizubekommen. Wenn man das Interview mit ihm vollständig las, fand man dort aber auch die Aussage, dass die israelischen Bedingungen für ein Kriegsende, einschließlich der »Zerstörung der Hamas«, unverändert seien.

Jetzt wird der Schwarze Peter hin- und hergeschoben. US-Außenminister Antony Blinken dankte Gallant am Sonntag telefonisch für »Israels Bereitschaft, ein Abkommen zu schließen, und bekräftigte, dass es bei der Hamas liege, (den Vorschlag) zu akzeptieren«. Andererseits behauptete der ägyptische Außenminister Samih Schukri am Sonntag während eines Staatsbesuchs in Spanien, die Hamas habe Bidens Plan »positiv aufgenommen«, und man warte jetzt auf die israelische Reaktion. Aber dass die Hamas keinem »Deal« zustimmen wird, der Israel die Fortführung des Krieges erlaubt, kann als eindeutig geklärt gelten.

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