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Aus: Ausgabe vom 07.06.2024, Seite 3 / Schwerpunkt
»Sportwashing«

»Zum Kotzen, das profitable Kriegsgeschäft«

Über Imagepflege eines Rüstungskonzerns und Reaktionen aus BVB-Fankreisen. Ein Gespräch mit Michael Schulze von Glaßer
Von Oliver Rast
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Vor der BVB-Geschäftsstelle: Rote Karte für den Werbedeal mit größtem BRD-Kriegsproduzenten (Dortmund, 29.5.2024)

Fans von Borussia Dortmund haben kürzlich beim Champions-League-Finale im Londoner ­Wembley-Stadion gegen den Werbedeal mit Rheinmetall protestiert. Versucht der Kriegskonzern gerade sein Image aufzupolieren?

Ja. Als Dortmund-Fan – wie ich selbst einer bin – kann man sich ja nicht einfach einen Panzer von Rheinmetall kaufen. Es geht dem Rüstungskonzern also eigentlich um ein langfristig gutes Image in der Bevölkerung, um Rückhalt für den enormen Fluss an Steuergelder an sich zu bekommen. Es soll sozusagen Zustimmung zur von der Bundesregierung ausgerufenen militärischen »Zeitenwende« generiert werden.

Wo ist Rheinmetall als Waffenproduzent und Kriegsgerätehersteller überall aktiv, einschließlich diverser Tochterfirmen?

Gerade rüstet Rheinmetall die Bundeswehr auf und liefert auch Waffen an die Ukraine – dafür gibt es in großen Teilen der Bevölkerung Verständnis. Der Düsseldorfer Konzern hat aber auch jahrelang Russland unter Wladimir Putin aufgerüstet – etwa mit einem modernen Gefechtsübungszentrum. Sicher belegt sind zudem die Geschäfte mit dem Emirat Katar: Das Land, in dem Homosexualität unter Strafe steht und das für zahlreiche Menschenrechtsverletzungen bekannt ist, wurde unter anderem mit »Leopard 2«-Panzern und der Panzerhaubitzen 2000 ausgerüstet.

Und nicht zuletzt Saudi-Arabien …

Richtig. Über Tochterfirmen in Italien und Südafrika hat der Konzern unter Umgehung eines lange Zeit bestehenden Waffenembargos das saudische Regime mit Bomben und Munition ausgerüstet, das diese im Krieg gegen den Jemen verwendet hat.

Der Kriegskonzern aus Düsseldorf gilt als größter in der BRD. Aber wer sind die größten Anteilseigner von Rheinmetall und wie hat sich das Unternehmensbusiness in den vergangenen Jahren verändert?

Der Aktienkurs von Rheinmetall ist von 85 Euro Anfang 2022 auf mittlerweile mehr als 500 Euro gestiegen. Zu den Anteilseignern gehören große Finanzunternehmen wie Blackrock und Goldman Sachs aus den USA, aber auch UBS aus der Schweiz und die Société Générale aus Frankreich. Mehr als 50 Prozent der Aktien des Unternehmens sollen im Besitz solch institutioneller Anleger sein. Rund 20 Prozent sollen aber auch Privatleuten gehören. Alle Anteilseigner sind Kriegsgewinnler, die mit Unsicherheit und Krieg Geld verdienen. Aus kapitalistischer Sicht ein profitables Geschäft, moralisch aber zum Kotzen.

Sie haben als Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) als erste öffentlich kurz nach Bekanntwerden des »Bombengeschäfts« eine Kundgebung vor der BVB-Geschäftsstelle organisiert. Wie war die Resonanz auf Ihren Protest, besonders auch in der Fanszene?

Meiner Einschätzung nach finden Dreiviertel der BVB-Anhängerinnen und -Anhänger den Werbedeal nicht gut. Ich habe schon mit mehreren Leuten gesprochen, die ihre Dauerkarte nicht verlängern wollen, die beim Verein ausgetreten sind oder auch ihre Fanutensilien in den Müll geworfen haben. Es ist wirklich eine Schande, dass der Vorstand von Borussia Dortmund – für viele so viel mehr ist als nur ein Fußballverein –, so üble Entscheidungen trifft. Da erkaltet die »echte Liebe« bei vielen Fans immer mehr – bei mir selbst auch. Das tut schon weh.

Sind weitere Aktionen Ihrerseits geplant?

Wir werden schon bald in die Saisonvorbereitung gehen und überlegen, wie wir den Rheinmetall-Werbedeal weiter gewissermaßen ins Abseits stellen können und den Klubbossen am Ende auch die Rote Karte zeigen. Die Verantwortlichen beim BVB scheinen den Protest gerade auszusitzen, weshalb wir lauter werden müssen. Dazu wollen wir auch den Kontakt mit den organisierten Fangruppen suchen.

Michael Schulze von Glaßer ist politischer Geschäftsführer der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK)

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